Menschenfänger mit kirchlichem Segen in Heilgersdorf 

600 Gäste sagen im Schlosshof Pfarrfamilie Knötig „Ade“

Abschiedsworte am Heilgersdorfer Schloss

Was hat Pfarrer Tobias Knötig während seines mehrjährigen Wirkens in der „Evangelisch-lutherischen Pfarrei um Alster und Kreck“ am besten gefallen? Der 41-Jährige antwortet spontan und nennt in dieser Reihenfolge: „Die Menschen, die Kirchen und die Dörfer.“

Die Menschen – das waren zuletzt 1.497 Gemeindeglieder in den 15 Ortschaften zwischen Heilgersdorf und Gleismuthhausen, alle im Stadtbereich Seßlach gelegen. Die Kirchen – das sind die Gotteshäuser in Bischwind, Heilgersdorf und Gemünda.

Dort hat der Dorfpfarrer, wie Tobias Knötig sich oftmals bei verschiedenen Terminen vorstellte und der er auch immer sein wollte, jetzt „Ade“ gesagt, um in seiner unterfränkischen Heimat eine neue Aufgabe zu übernehmen.

Zu Beginn der zweiten Augusthälfte verlässt der Pfarrer mit seiner Frau Nora und seinen drei Kindern das Pfarrhaus in Heilgersdorf und wechselt an den neuen Dienstsitz Maßbach (knapp 5.000 Einwohner) im Landkreis Bad Kissingen, zugleich nahe von Eltern und Großeltern. In der Kirche St. Bartholomäus in Maßbach-Poppenlautern wird Tobias Knötig am Sonntag, 19. Oktober, um 14.00 Uhr offiziell in sein neues Amt eingeführt.

Wird dort der neue Pfarrer mit Freude erwartet, so wurde Knötig in Heilgersdorf mit großem Bedauern, zugleich aber auch mit viel Verständnis für seine Entscheidung, verabschiedet. Und das von über 600 Gästen an einem Sommerabend im Schlosshof!

Tobias Knötig ist im Sternzeichen Zwillinge geboren. Was ist  typisch für sie? Zwillinge werden beschrieben – so ist in einschlägigen Büchern nachzulesen – als kommunikationsfreudig, vielseitig interessiert, neugierig und anpassungsfähig. Sie gelten als ausgezeichnete Redner und haben eine natürliche Begabung, sich zu artikulieren.

Menschen, die Pfarrer Knötig in den vergangenen elf Jahren begegnet sind, haben wohl die eine oder andere Eigenschaft an ihm erkannt, vielleicht auch schätzen gelernt. Spätestens jetzt horchten sie wohl bei den Reden auf, die im Schlosshof – verbunden mit vielen Dankesworten und guten Wünschen – zu hören waren. Wie beispielsweise von Seßlachs Bürgermeister Maximilian Neeb.

Tobias Knötig, so der Bürgermeister, sei ein Pfarrer, wie man sich ihn vorstellt und wünscht: Immer ansprechbar, immer zugegen, wenn er gebraucht werde. Im freundschaftlichen „Du“ sagte Neeb: „Bei freudigen oder traurigen Festen und Feiern oder auch in Krisensituationen – ein Anruf, ein Wort und du warst zur Stelle.  „Jeder konnte auf dich zählen.“

In der heutigen Zeit, so Maximilian Neeb weiter, sei es nicht mehr so, dass die Menschen in Scharen zum Gottesdienst strömen. „Du hast es aber oftmals geschafft, dass viele und gerade auch die der jüngeren Generation gekommen sind“, betonte Neeb. Mən habe bei Tobias Knötig gespürt, dass die Kirche auch heute lebendig, offen und nahbar sein könne. Und dass sie einfach dazu gehöre, auch zu den vielen Festen. Tobias Knötig habe seine Predigten „immer klasse gestaltet“. Es waren nicht nur Worte, sondern mit ihnen seien auch Botschaften vermittelt worden. Der Pfarrer habe es verstanden, Dinge auf den Punkt zu bringen mit Tiefgang, Menschlichkeit und oftmals auch mit Humor.

Es waren nicht nur die Gottesdienste in den ersten sieben Jahren in Heilgersdorf und Bischwind – seit 2021 auch in Gemünda und während der gesamten Zeit auch gelegentlich in der Stadtpfarrkirche Seßlach -, die den Geistlichen mit den Gläubigen vereinte, es war auch sein Wirken in der Schule, im Altenheim der Flender’schen Stiftung, bei Flur- und Feldgottesdiensten oder am Tag der Deutschen  Einheit am Ummerstadter Kreuz.

Mit seinem Engagement, so bemerkte Neeb ergänzend, habe Pfarrer Knötig die Zusammenarbeit zwischen der weltlichen und der kirchlichen Gemeinde immer wieder mit Leben gefüllt. Besonders habe er an dem scheidenden Seelsorger seine klare Haltung geschätzt, „die ich weltoffen, tolerant und voller Respekt für andere Sichtweisen beschreiben möchte“. Knötig habe Überzeugungen „und die vertritt er auch“. Neeb mit einem Augenzwinkern: „Manchmal auch sehr bestimmend.“

Bevor das Seßlacher Stadtoberhaupt auch an die Frau des Pfarrers, Nora Knötig, einige Dankesworte richtete, würdigte er dessen „Einsatz mit Herzblut“ für die Kindertagesstätte in Heilgersdorf. O-Ton Neeb: „Es ist auch deiner Beharrlichkeit zu verdanken, dass dieses schöne Bauwerk für die Kinder in unserem Stadtgebiet entstanden ist.“

In dieser Rede, wie auch noch in denen der Kirchenvorstände Heilgersdorf und Gemündə durch deren Vertrauensleute, der Katholischen Kirche, der Grund- und Mittelschule Seßlach, der Diakoniestation Weitramsdorf-Seßlach und der Ortsvereine (Heilgersdorf, Gemündə und Bischwind), wurde deutlich, dass das Pfarrehepaar Knötig im gesamten Stadtbereich tiefe Spuren hinterlässt. Und auch unzählige Erinnerungen in den Herzen der Menschen, die bei Taufen und Hochzeiten von Tobias und Nora Knötig ebenso begleitet wurden wie bei Trauergottesdiensten.

Der Abschiedsstunde war ein Gottesdienst vorausgegangen, dessen Gestaltung Posaunenchöre, die Kleinen der KiTa „Schneckenhaus“, der Taize-Chor, Gesangvereine und Blaskapellen übernommen hatten. Tobias und Nora Knötig hielten jeweils ihre letzte Predigt in Heilgersdorf.

Beide setzten damit den Schlusspunkt. Dort, wo Tobias Knötig im September 2014 seine erste Pfarrstelle „auf Probe“ übernommen hatte, nachdem er zuvor als Vikar in Neuburg a. d. Donau tätig gewesen war.

Die freiwerdende Stelle im Südosten des Coburger Landes wird im September zur Neubesetzung ausgeschrieben.

Horst Mitzel

Siehe auch „Kritisch gesehen“