Bürgerinitiative Massenhausen wehrt sich gegen Vorhaben im Gellnhausener Forst
Die Stadt Bad Rodach plant, so heißt es in einer Pressemitteilung der Massenhäuser Bürgerinitiative, ein Windvorranggebiet Gellnhausen/Heldritt auszuweisen, das in einem Zipfel Bayerns – in und um den Gellnhausener Forst – gelegen ist und vom Naturmonument „Grünes Band“ nach Thüringen hin begrenzt wird. Es sollen dort acht bis elf der größten OnShore-Windräder mit einer Nabenhöhe von 180 m, einem Rotorradius von 90 m, mit 270 m Gesamthöhe und Leistungen von 6.x Megawatt (MW) errichtet werden.
Aufgrund der Lage des Gebiets zwischen Massenhausen (Gemeinde Straufhain), Hetschbach (Gemeinde Veilsdorf) sowie den Bad Rodacher Stadtteilen Lempertshausen, Heldritt und Grattstadt hätte dies ein interkommunales Gemeinschaftsprojekt werden können. Denn belastender Schall, Schattenwurf und optische Bedrängung enden nicht an Gemeinde- oder Landesgrenzen. Leider hat jedoch die Stadt Bad Rodach, so beklagt der Sprecher der Bürgerinitiative Massenhausen, Michael Jendis, keinen gemeinsamen Ansatz gewählt. Dadurch sind den betroffenen Bürgern in Thüringen demokratische Optionen wie Bürgerbegehren, Bürgerentscheid oder eine Opposition bei der nächsten Kommunalwahl verwehrt, fügt Jendis hinzu. Und auch die Erträge sollen – bis auf den EEG-Pflichtteil – ausschließlich in Bad Rodach bleiben.
Die ersten Informationen Bad Rodachs zeigen, so wird weiter festgestellt, „wenig Rücksichtnahme auf die grenzüberschreitenden
Belastungen“. So erklärte die Stadt, es trete „keinerlei“ Störung durch Schattenwurf auf. Dies trifft aber nur auf die bayerischen Stadtteile zu, die im schattenfreien Süden liegen. Für die Bürger in Hetschbach und Massenhausen wird es zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen. Weiterhin wurde den Waldbesitzern in Zusammenhang mit den Schallemissionen zugesichert, dass ein Abstand von 1200 m eingehalten wird. Allerdings wurde nach Massenhausen und Hetschbach nur ein Abstand von 800 m eingeplant. Dies ist zwar wirtschaftlich erklärbar, da die Höhenlage und Windgeschwindigkeit nach Thüringen hin zunimmt und die besten Windlagen nahe der Grenze
liegen, aber es ist inakzeptabel, wenn man gerecht handeln möchte und den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie das Rücksichtnahmegebot ernst nimmt.
Die Stadt Bad Rodach begründet die Notwendigkeit des Projektes mit den noch nicht erreichten Flächenzielen in Bayern sowie einer drohenden Privilegierung, welche dazu führen soll, dass Windräder „irgendwo aufgestellt (werden), ohne dass ihr irgendein Mitspracherecht habt“. Im aktuellen Entwurf zur Fortschreibung des Regionalplans Oberfranken-West werden jedoch schon
2,09 Prozent der Regionalfläche (16 Prozent über dem Zielwert für 2032 von 1,8 Prozent ohne Gellnhausen/Heldritt) ausgewiesen und „somit werden die Vorgaben aus dem WindBG erfüllt“.
Dieses Projekt ist folglich nicht notwendig, um die Flächenziele der Energiewende zu erreichen. Es dient den wirtschaftlichen Eigeninteressen der Stadt Bad Rodach und der Waldbesitzer. Trotzdem profitiert die Stadt im Genehmigungsprozess von den vereinfachten Umwelt- und Artenschutzprüfungen, die geändert wurden, um Flächenziele zu erfüllen sowie die Energiewende zu beschleunigen und nicht, um Gemeinden die Konsolidierung der Haushalte zu ermöglichen.
Ihr Engagement sollte die Stadt Bad Rodach, so die Bürgerinitiative, „unserer Ansicht nach besser der Natur im Gellnhauser Forst widmen, denn der Gellnhauser Forst ist ein ganz besonderer Wald“. Er lag einige Jahrzehnte weitgehend unbemerkt im Dornröschenschlaf. Bis Januar dieses Jahres war das Gebiet gemeindefrei und dem Landkreis Coburg zugeordnet. Bis heute ist es vornehmlich für die Forstwirtschaft genutzt worden und nur zum Teil erschlossen, es gibt weder Wegkennzeichnungen noch Wanderrouten und viele der Wege sind nicht begehbar.
Die Stadt Rodach beschreibt den Gellnhausener Forst als ein Gebiet mit Fichtenmonokultur und Borkenkäferschäden. Wenn es auch gerodete Schadflächen, Fichten und Borkenkäferschäden gibt, sieht man schon auf einer Fahrt von Hetschbach nach Heldritt, dass die Laubbäume dominieren. Beim Betreten des Waldes von Lempertshausen und einem Gang durch den Diebsgraben über die Reithebene zum Edelmannskopf wandert man an alten Eichen, Buchen, Ahorn, Eschen und Birken vorbei , durch wilden Jungwald und feuchte Täler mit altem Baumbestand. Man passiert gekennzeichnete Habitatbäume, trockenes und feuchtes Totholz und sieht den Rotmilan über sich.
„Wir wollen den Wald nicht romantisieren, aber die weitgehend ungestörte, wilde Natur bietet viel bessere Optionen, als ausgerechnet hier Windräder zu errichten“, betont die Bürgerinitiative.
Landschaft, Tier- und Pflanzenwelt am Naturmonument Grünes Band sind auf dem Weg zum UNESCO Weltnaturerbe. Im aktuellen Regionalplan ist das Gebiet als „Landschaftliches Vorranggebiet“ ausgewiesen. „Wir möchten, dass der Gellnhauser Forst ein landschaftlich wertvoller und natürlicher Teil des Grünen Bandes – „einem einmaligen Verbund besonderer Naturräume und eine Erinnerungslandschaft – bleibt und nicht von großen Windrädern optisch stark zerstückelt und ökologisch nachhaltig gestört wird“, unterstreicht die Bürgerinitiative ihren Standpunkt.
Die Stadt Bad Rodach hat bisher keine Anstrengungen unternommen, den Gellnhauser Forst für Erholung und Tourismus zu erschließen oder eine Alternative zu den Windrädern zu entwickeln. Es sei unverständlich, dass ein gesunder Laub-Mischwald mitsamt seinen Biotopen für ein Projekt zerstört werden soll, das für die Erreichung der Flächenziele nicht notwendig ist und vornehmlich den wirtschaftlichen Interessen der Stadt Bad Rodach und der Waldbesitzer dient, heißt es in der Pressemitteilung abschließend.
Ziel der Initiative ist der Erhalt und die Entwicklung des natürlichen Lebensraums „Grünes Band“ und der angrenzenden Gebiete im historischen Kontext sowie die Verbesserung der interkommunalen Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg. Wir kümmern uns um die Natur rund um das Grüne Band, die Tiere, Pflanzen und die Erde. Wir sind für ein Erholungsgebiet und gegen den Windpark Gellnhausen/Heldritt. Dieser ist nicht notwendig und stellt eine Gefahr für Menschen, Flora und Fauna sowie die Erlebbarkeit des Grünen Bandes rund um Massenhausen dar.
„Keine Dringlichkeit für weitere Windvorranggebiete“
Die Bürgerinitiativen von Hetschbach/Heldritt und Massenhausen sind zur Sitzung des Planungsverbandes Oberfranken-West nach Bamberg angereist, um mehr über den weiteren Fortgang der Planungen der Stadt Rodach für ein weiteres Windvorranggebiet (zusätzlich zu den vier Anlagen bei Breitenau) mit acht bis elf Anlagen im Gellnhauser Forst zu erfahren. In der Tagesordnung war dazu ein Sachstandsbericht „Windenergie“ angekündigt. Dabei wurde deutlich, daß es aufgrund der vielen Einwendungen im Beteiligungsverfahren – es waren über 1.600 – und deren Auswertung zu Verzögerungen kommen wird. Eine ergänzende Fortschreibung für den Gellnhauser Forst wird frühestens im November weiter verfolgt werden.
Es wurde von mehreren Rednern deutlich gemacht, dass die Region Oberfranken-West die geforderten Flächenziele für Windvorranggebiete von 1,1% der Regionalfläche bis 2027 „locker erreichen“ wird. Somit gibt es derzeit keine Dringlichkeit weitere Windvorranggebiete über ein ergänzendes Beteiligungsverfahren in den laufenden Prozess aufzunehmen.
Zusammenfassend bleibt aus unserer Sicht zum einen festzuhalten, dass das Vorgehen, Windvorranggebiete in Wäldern auszuweisen, zu einer großen Zahl von Einwänden führt, die die betroffenen Verwaltungen stark belasten. Zum anderen sind die weiteren Planungen der Stadt Bad Rodach nun mit dem Risiko behaftet, dass es höchstwahrscheinlich erst in 2026 zur ersten Prüfung und möglichen Abweisung des Antragsgebietes kommt.
Michael Jendis