Coburger OB lässt seinen Bürochef ziehen

Horst Mitzel Tagebuch

Coburger OB lässt seinen Bürochef ziehen

Lange, spannend – Stefan Hinterleitner

„Spannend“ zählt zu den Lieblingswörtern von Stefan Hinterleitner. Ob er nun dabei ist, sein abermaliges Ausscheiden aus dem Coburger Rathaus (zum Jahresende 2022?) „spannend“ zu gestalten oder ob sein zukünftiger Arbeitsplatz eine „spannende“ Herausforderung wird, ist offen.

Es gibt wohl kaum einen weiteren Beamten oder Angestellten im öffentlichen Dienst in der Region, der mit einer Arbeitsplatzveränderung jeweils so hohe Aufmerksamkeit erregt hätte, wie Stefan Hinterleitner.

Den gelernten Tageszeitungsredakteur, mit der Feder ebenso flott wie wortstark in Diskussionen, holte Anfang 1997 das damalige Stadtoberhaupt Coburgs, Norbert Kastner, als Pressesprecher an seine Seite. Zu diesem Zeitpunkt hatte Hinterleitner schon SPD-Parteigrößen wie Renate Schmidt und Dr. Heinz Köhler zur Seite gestanden. Sowohl als Pressesprecher, wie in späteren Jahren auch als Leiter des Büros des Oberbürgermeisters, erwarb sich der Jungsozialist viel Vertrauen. Aber auch die Zahl seiner Kritiker stieg, vor allem in partei-politischen Kreisen, die in Konkurrenz zum Wahl-Coburger standen, der später sein Parteibuch aus Verärgerung über die ehemalige SPD-Bundesvorsitzende Andrea Nahles zurückgab.

In Norbert Kastners letzter Amtsperiode (2008 – 2014) begab sich Hinterleitner auf die Suche nach einer neuen Aufgabe. Vom Rathaus am Marktplatz wechselte er daraufhin ins Landratsamt auf der Lauterer Höh‘, wo er das neugeschaffene Regionalmanagement von Stadt und Land Coburg vorantrieb. Vom Engagement des umtriebigen Geschäftsführers profitierte schon bald die Region.

Ob es sich um das Angebot Wanderwege zur Ankurbelung des Tourismus handelte oder um kulinarische Besonderheiten (zum Beispiel Einführung der Genusstage), der hohe Einsatz Hinterleitners trug sichtbare Früchte. Und wenn es sein musste, war er sich selbst nicht zu schade, in die Rolle eines Tellerwäschers zu schlüpfen. Doch es gab auch Rückschläge (Beispiel: Coburger Markthalle). Wem diese mehr Sorgenfalten ins Gesicht trieben, dem Geschäftsführer oder den Repräsentanten von Stadt und Land Coburg – der Öffentlichkeit blieben sie weitestgehend verborgen.

Im Sommer 2019 – Landrat Michael Busch hatte seinen Platz im Landratsamt geräumt und war in den Bayerischen Landtag in München gewechselt, an seine Stelle war Sebastian Straubel getreten – überraschte Hinterleitner viele der Weggefährten mit seinem „Reißaus“ nach Sonneberg. Zwischen dem „Ade“ in Coburg und dem „Hallo“ in Sonneberg schwärmte Hinterleitner wochenlang von den Zukunftsaufgaben der thüringischen Nachbarstadt. Bürgermeister Dr. Heiko Voigt imponierte ihm mit seinen Visionen zur Stadtentwicklung und seinem Bemühen, in Sachen Wasserstoff neue Akzente in Sonneberg setzen zu wollen. All dies fand Hinterleitner „spannend“.

Später hatten kritische Beobachter den Eindruck, Hinterleitner fühle sich als Pressesprecher nicht ausgelastet, warte auf die Übertragung weiterer Aufgaben, um schließlich auch in höhere Ebenen aufsteigen zu können.

Doch es kam ganz anders. Im März 2020 wählten die Bürger/innen der Stadt Coburg mit Dominik Sauerteig einen neuen Oberbürgermeister; Norbert Tessmer, Nachfolger seines Parteikollegen Kastner, war nicht mehr angetreten, der Sozialdemokrat Sauerteig hatte das Rennen um das höchste Amt Coburgs für sich entschieden.

Der Youngster Sauerteig schaute sich nach erfahrenen Kräften um. Dabei holte er sich Stefan Hinterleitner an seine Seite. Also ein im Rathaus bekannter und zugleich erfahrener Mitarbeiter sollte seine „rechte Hand“ sein.

Stefan Hinterleitner war von dem ihm gewährten Vertrauensvorschuss beeindruckt. Wieder lag eine „spannende“ Zeit vor ihm. Doch die währte, wie sich nun herausgestellt hat, wesentlich kürzer als andere zuvor.

Am vorletzten August-Wochenende wurde bekannt, dass der im Tierkreiszeichen Zwillinge Geborene wieder vor einer „spannenden“ Herausforderung steht. Drei Tage nach seinem Urlaubsantritt konfrontierten wir ihn mit unserer Information. Auf eine WhatsApp um 09:08 Uhr reagierte Hinterleitner nach 36 Minuten. Er werde sich, so schrieb der Urlauber, nach einem Aufenthalt am Diemelsee mit OB Sauerteig abstimmen, „wie wir auf diese ‚Gerüchte‘ reagieren“. Seine Nachricht, die kein Dementi war, schloss mit den Worten: „Ich darf Ihnen versichern, dass mich mit Dominik Sauerteig weiterhin ein enges Vertrauensverhältnis verbindet. Alles Weitere nach meinem Urlaub ca. Mitte September“.

Doch bis dahin konnte der 55-Jährige nicht mehr stillhalten. Das „Gerücht“ machte weiter seine Runde. Am Freitag, 26. August, richtete Stefan Hinterleitner eine E-Mail „an das Führungsteam Stadt Coburg“. „Ja, es ist richtig, ich habe mich nach längerem inneren Ringen entschieden, ein für mich extrem spannendes Angebot und eine neue berufliche Herausforderung in der freien Wirtschaft anzunehmen“.

Verbunden mit einem Dankeschön „für alles Miteinander“ und „für die zweite Chance“, die ihm geboten worden war, kündigt Hinterleitner in seiner E-Mail schließlich an: „Zum Jahresbeginn werde ich also in ein überregional tätiges Unternehmen wechseln, das auch hier in der Region vielfältig ist. Ich werde mich dabei insbesondere um Projektentwicklung und Fragen der Personalentwicklung und Unternehmenskultur kümmern. Natürlich bleiben meine Frau und ich privat Coburger“.

Bleibt es weiterhin „spannend“? Wann also Stefan Hinterleitner seine Vorliebe fürs Wasser entdeckt hat, ist nicht bekannt. Verbinden ihn Wasserfreuden mit nachhaltigen und spannenden Ideen? Und schließlich auch mit seinem neuen Arbeitgeber? Was kann man dem „Wandersmann zwischen Bayern und Thüringen raten? Antwort: Mach’s nicht so spannend“.