Dominic Juck oder Hans Steinfelder?
Bürgermeisterwahlkampf in Weitramsdorf beschäftigte Bund der Steuerzahler und die Staatsanwaltschaft Coburg
Am Sonntag, 3, März, geht es in Weitramsdorf nicht nur darum, wer von den beiden Kandidaten in der erforderlich gewordenen Stichwahl das Bürgermeisteramt übertragen bekommt, sondern auch um die Frage, ob wieder fast jedem zweiten Wahlberechtigten – wie beim ersten Wahlgang am 18. Februar – die Besetzung des Amtes „wurscht“ ist. Nicht anders kann die schwache Beteiligung (54,76 Prozent) eingestuft werden. Und das bei einer Kommunalwahl, die in der Regel als Persönlichkeitswahl gilt, also oftmals mehr Bürgerinnen und Bürger mobilisiert als bei anderen Wahlen.
Waren also auf der einen Seite Frust und Trägheit unverkennbar, so gab es auf der anderen, also hinter den Kulissen, bemerkenswerte Vorgänge. Selbst der Bund der Steuerzahler und die Staatsanwaltschaft Coburg bekamen Arbeit.
Die Schulstraße in Weitramsdorf ist schon seit geraumer Zeit ein Zankapfel zwischen Anliegern einerseits und dem Gemeinderat andererseits. Ihre Fahrbahnbreite stellt Omnibus- und Pkw-Fahrer im Begegnungsverkehr oftmals vor hohe Herausforderungen, vor allem dann, wenn auch noch Fußgänger unterwegs sind. In der Vergangenheit wurde öfters leidenschaftlich über das Problem gestritten, nicht alle getroffenen Maßnahmen brachten für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösungen. Ob eingeschränkter Fahrzeugverkehr und geringfügige Verbreiterung der Straße um 20 bis 30 cm auf einer Länge von etwa 150 Meter – was der Gemeinderat als ausreichend wertete, brachte die Anwohner auf die berühmte Palme.
Einer von ihnen, der im allgemeinen als deren Wortführer gilt, wandte sich deshalb Anfang Februar an den Bund der Steuerzahler. Ihn trieb die Sorge um, dass für die geringfügige Straßenverbreiterung unnütz Steuergelder verplempert werden, die in keinem Verhältnis zum Erfolg stehen, sprich: die Gefährdung der Fußgänger, also der Schulkinder, bleibt unverändert bestehen.
Der Bund der Steuerzahler wurde aktiv und forderte bei der Gemeindeverwaltung Weitramsdorf eine entsprechende Stellungnahme an, die auch fristgerecht vorgelegt wurde. Ihr Inhalt blieb bisher geheim.
Also fragten wir selbst nach im Rathaus. Wir wollten wissen: „Wie hoch war der finanzielle Aufwand für die Verbreiterung der Schulstraße um 20 bis 30 cm auf einer Länge von rund 150 Metern?“ Antwort: „1.1oo Euro (in Worten: Eintausendeinhundert Euro).“
Fast zeitgleich beschäftigte sich die Staatsanwaltschaft Coburg (Az.: 205 JS 1155/24) mit einer Strafanzeige „wegen des Verdachts der Straßenverkehrsgefährdung“. Sie war gerichtet gegen den Zweiten Bürgermeister und den Verantwortlichen der Bauverwaltung der Gemeinde Weitramsdorf. Anzeigen erstatter war der selbe Beschwerdeführer wie beim Bund der Steuerzahler.
Die Justiz lehnte nach einigen Tagen die Strafanzeige ab. Kernsatz ihrer Begründung: „Das Anliegen des Anzeigenerstatters, auf Gefährdungen von Schülern durch aus seiner Sicht planerische Mängel der Gemeinde aufmerksam zu machen und diese zu beseitigen, kann nicht mit Mitteln des Strafrechts durchgesetzt werden.“
Was also brachte das „Störfeuer“ in unruhigen Zeiten, wie ein Wahlkampf nun mal ist? Außer Ärger und Verdruss nichts! Wie immer der nächste Bürgermeister in Weitramsdorf heißen mag, er muss gültige Beschlüsse des Gemeinderates akzeptieren und gegebenenfalls diese ausführen, wenn dies erforderlich ist. Will er eine „Kehrtwende“, dann braucht er in jedem Fall einen Widerruf durch den Gemeinderat.
Soll das eine der ersten Aufgaben des neuen Bürgermeisters sein? Soll er die Konfrontation suchen oder Brücken bauen?
Der Wahlkampf wird ohnehin manche Wunden hinterlassen. Diese gilt es rasch zu heilen. Vor allem in den beiden letzten Wochen wurden einige Pfeile auf den politischen Gegner gerichtet, die sich die Schützen hätten sparen können.
Es war sicher ein großer Fehler der Verwaltung, dass das Rathaus weit über die Corona-Pandemie hinaus für den Bürger eher geschlossen gehalten als geöffnet wurde. Das Argument, der Bürger möge seinen Besuch ankündigen und der Verwaltung Gelegenheit geben, sich auf das Gespräch mit ihm vorzubereiten, mag grundsätzlich verständlich erscheinen. Aber die Verwaltung hat für den Bürger da zu sein, nicht umgekehrt. Sie ist ein Dienstleister!
Möglicherweise mussten die beiden amtierenden Bürgermeister in der Angelegenheit „Öffnungszeiten“ gegenüber den Mitarbeitern der Verwaltung Überzeugungsarbeit leisten, die ihre verkrusteten Strukturen vehement verteidigten.
Den Erfolg sollte jeder Gemeinderat begrüßen und nicht unnötigerweise Öl ins Feuer gießen. Und die Bürgerschaft sollte das Angebot „Offene Türen“ nutzen.
Nun wird das Rennen um den Bürgermeistersessel zwischen Dominic Juck (39, SPD) und Hans Steinfelder (48, CSU) entschieden. Auf beiden ruht vor allem die Hoffnung, dass mit einem von ihnen die Menschen in Weitramsdorf einen Bürgermeister bekommen, der das Wohl der Gesamtgemeinde im Blick hat. Dreimal innerhalb von knapp vier Jahren ein neues Dorfoberhaupt wählen zu müssen, verleiht Weitramsdorf ein Alleinstellungsmerkmal, auf das keiner stolz sein kann. Der neue Bürgermeister wird für sechs Jahre gewählt. Nicht mehr und nicht weniger.
Dominic Juck belegte im ersten Wahlgang mit 868 Stimmen Platz 1 vor Hans Steinfelder, der es auf 741 Stimmen brachte. Dritter wurde Christian Platzer (636 Stimmen) und schied aus dem Rennen aus. Der 39-jährige Juck, der in den Tagen vor dem 18. Februar erstmals Vater einer Tochter wurde, verdankt seinen Erfolg vor allem dem guten Stimmenergebnis in seinem Wohnort Neundorf. Dort verbuchte er 93 Stimmen für sich, seine Mitbewerber erzielten jeweils 15. Kontrahent Steinfelder sprach von einem „blockartigen Wahlverhalten“ in Neundorf (Neue Presse, 26. Februar) zugunsten Jucks.
Hans Steinfelder selbst hat zweifellos mit seinen 741 Stimmen ein respektables Ergebnis erzielt. Innerhalb weniger Wochen wußte der Wahl-Weitramsdorfer viele Bürgerinnen und Bürger um sich zu scharen. Das begann damit, dass er kurz nach der Rücktrittserklärung von Christian Brettschneider (CSU) als Erster Bürgermeister strikt gegen einen gemeinsamen Kandidaten aller Parteien und Gruppen in Weitramsdorf war. Mit seiner Meinung hat er sich schließlich durchgesetzt und zugleich große Verantwortung auf sich geladen. Kommunalpolitische Erfahrung fehlt ihm, im Gemeinderat wie in der Verwaltung. Er weiß sich im Nachteil gegenüber Dominic Juck, der in dieser Frage immer wieder auf seine langjährige Gemeinderatsarbeit und in der Position des Zweiten und Dritten Bürgermeisters verweist. Entschlossen hält Steinfelder dagegen. Im Falle seiner Wahl zum Ersten Bürgermeister will er für „frischen Wind“ sorgen.
Die Freien Wähler haben sich nach dem Ausscheiden ihres Kandidaten Christian Platzer aus dem Wahlkampf zurückgezogen. Sie verfolgen das Geschehen jetzt aus der Distanz. Ihrem Anhang empfehlen sie offiziell keinen der beiden Kandidaten. Darüber soll jede und jeder für sich entscheiden.