Oberfränkischer Hürdenlauf zur Landtags- und Bezirkstagswahl

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Oberfränkischer Hürdenlauf zur Landtags- und Bezirkstagswahl

Freude und Enttäuschung liegen dicht beieinander

Für die Landtags- und Bezirkstagswahl am Sonntag, 8. Oktober, haben die Parteistrategen auf oberfränkischer Ebene nunmehr fast alle ihre Kandidatenlisten zusammengestellt. Da und dort gab es im Vorfeld ein zum Teil erbittertes Hauen und Stechen um aussichtsreiche, soll heißen: sicher erscheinende Listenplätze. So geschehen vor allem in den Reihen der SPD und der FDP.

Sozialdemokraten wie Freie Demokraten benachbarter Stimmkreise zeigten dabei aber „den Coburgern“ mehrmals die kalte Schulter. Für die Bildung von Allianzen bei der Stimmabgabe zur Nominierung etlicher Bewerber waren sie nicht zu haben. Diese schmerzliche Erfahrung mussten zuletzt vor allem die Freien Demokraten machen. Monatelang bemühte sich der Coburger Stadtrat Dr. Michael Zimmermann Parteifreunde zu überzeugen, dass er die Bezirkstagsliste anführen sollte. Dabei wurde deutlich, dass der Coburger Kommunalpolitiker dem aktuellen und zugleich einzigen FDP-Bezirksrat Thomas Nagel den Platz 1 auf der Bewerberliste streitig machen wollte. Deshalb war bis unmittelbar vor der entscheidenden Zusammenkunft in Himmelkron mit einer Kampfabstimmung zwischen den beiden Interessenten gerechnet worden.

Doch es kam anders. Thomas Nagel, das Gesicht der FDP im Stadtrat wie im Kreistag Kulmbach, erhielt auf Anhieb 91 Prozent der abgegebenen Stimmen – einen Gegenkandidaten hatte er nicht. Für Platz 2 trat dann Dr. Zimmermann an. Vergeblich. Er konnte nur eine einzige Stimme auf sich vereinen. Die FDP Coburg stellte vier Delegierte. Auch Platz 4 war für ihn unerreichbar. Erst Rang 5 ziert jetzt seinen Namen. Auf Platz 16 erscheint noch einmal ein Coburger: David Cooper.

Um den Einzug in den Bayerischen Landtag bewirbt sich im Stimmkreis Coburg einer der jüngsten Liberalen: Justus Meixner (19). Auch er musste mehrere Anläufe nehmen, um schließlich auf Platz 7 zu landen, nachdem ihm 4, 5 und 6 verwehrt wurden. Fünf Plätze hinter Meixner belegt Jessie Krappmann (Ebersdorf bei Coburg) Platz 12, die Vorsitzende der Jungen Liberalen Coburgs. Sie und alle anderen schwörte Thomas Nagel, der auch Bezirksvorsitzender der FDP ist, auf einen intensiven Wahlkampf ein. Seine Kernpunkte: Mit einer starken liberalen Stimme in den Landtag und in den Bezirkstag einziehen. Mehr Wertschätzung für Pflegeberufe und Handwerk sichern, die Interessen der Selbstständigen und des Mittelstandes wieder ernst nehmen und wieder Politik für die älteren Menschen machen, vor allem  diese Punkte …

FDP-Spitzenkandidat für den Bayerischen Landtag ist auf oberfränkischer Ebene Sebastian Körber (42) aus Forchheim, der dem Parlament seit November 2018 angehört.

„In Pflege und ärztlicher Versorgung den Trend verschlafen“

„Sportlich“, sagt SPD-Landtagskandidat Stefan Sauerteig, nehme er die Herausforderung an, sich um den Wechsel in das Maximilianeum in München zu bemühen. Kein leichtes Unterfangen für ihn. Auf der Oberfrankenliste der SPD muss er sich mit Rang 7 begnügen, bis zuletzt hatte er sich um Platz 3 bemüht. Anfangs der Bewerberrunde sollen es noch höher gesteckte Ziele gewesen sein.

Die Liste war im Spätherbst vorigen Jahres gezimmert worden, als nicht nur die Coburger SPD den plötzlichen Parteiaustritt ihres langjährigen Genossen Michael Busch zu verdauen hatte. Zeitgleich war die Rede davon, dass sich andere Stimmkreise „hinter unserem Rücken“ (Sauerteig) und entgegen früherer Absprachen für ein bestimmtes Ergebnis ausgesprochen hatten. So ist bis heute vielen Wählerinnen und Wählern unverständlich, warum zum Beispiel Inge Aures (Kulmbach) nach 15-jähriger Tätigkeit ihren Abschied aus dem Bayerischen Landtag verkündet hat, aber jetzt noch einmal als Wahlkreisbewerberin um Stimmen wirbt. Durchschaut das Wahlvolk die Absicht? Schon im November vorigen Jahres versicherte Stefan Sauerteig, wie kurz darauf an gleicher Stelle in Kulmbach auch Bezirkstagskandidat Tobias Ehrlicher (Bad Rodach), dass die OberfrankenSPD sich bei beiden Wahlen auf die Coburger SPD verlassen könne. Beide versprachen (trotz einer gewissen Enttäuschung) einen engagierten Wahlkampf zu führen.

Dieser ist unterdessen angelaufen. Momentan wohl noch mit angezogener Handbremse, aber eine Beschleunigung ist spürbar. Zuletzt wurde dies beim Jahresempfang der SPD-Fraktion im Coburger Kreistag ersichtlich, der wohl nicht zufällig in Seßlach stattfand. Dies nur wenige 100 Meter vom Wohnsitz des CSU-Landtagsabgeordneten Martin Mittag entfernt.

Auch wenn dabei die Kreispolitik im Mittelpunkt stand, Stefan Sauerteig nutzte das Angebot, für sich und seine Ziele zu werben. Vorrangig sind für ihn Gesundheitsversorgung im ländlich geprägten Raum, Infrastruktur und ÖPNV sowie Bildung und Fachkräftemangel. O-Ton Sauerteig: „Wie in der Pflege und in der ärztlichen Versorgung auch, haben wir in Bayern den Trend verschlafen. Aus eigener Erfahrung weiß ich: der Freistaat Bayern hat den Lehrermangel verpennt.“

„Wie sonst ist zu erklären“, fügte der Lehrer hinzu, „dass ich zwischen 2014 und 2020 vier erfolglose Versetzungsanträge im Ländertauschverfahren hinter mich gebracht habe und mich nun möglicherweise sogar mit einer Anwerbeprämie in den Freistaat zurückbeordern lassen soll“.

Mit einem Augenzwinkern schloss der Pädagoge: „Aber keine Angst: das Geld kann sich der Freistaat Bayern ja sparen, wenn ich im Oktober von der Schule in den Landtag wechsele.“

Bezirkstagskandidat Tobias Ehrlicher reihte sich in den Kreis der Kritiker ein, die seit längerer Zeit Landrat Sebastian Straubel vorwerfen, seinem Auftrag als Bezirksrat nicht in dem zu erwartenden Maße nachzukommen. Ehrlicher will sich im Falle seiner Wahl für eine „bessere Haushaltsdisziplin“ einsetzen. In der Vergangenheit habe der Bezirkstag eine „irrsinnige Summe“ für einen Sitzungssaal ausgegeben, und das bei nur vier Vollsitzungen im Jahr dieser Räumlichkeit. Siehe unten „Irrsinnige“ Investition in Zahlen: 125.000 Euro.

„Rote Laterne“ für CSU-Landtagskandidaten

Hauptgegner nicht nur für die SPD bei den Wahlen zum Landtag und Bezirkstag ist die CSU. Sie hält im Stimmkreis Coburg seit 1974 das Direktmandat. Siegfried Möslein rang es damals dem Sozialdemokraten Albert Koch ab. Jürgen W. Heike hat es 1994 übernommen und bis 2018 inne gehabt. Dann ist ihm Martin Mittag gefolgt, der es nun verteidigen will. M.M. gibt sich siegessicher. Auf der Oberfrankenliste hat er zwar die „Rote Laterne“ seinem Parteikollegen Jürgen Baumgärtner (Kronach) überlassen, aber den vorletzten Platz freiwillig zu übernehmen, drückt seinen Optimismus aus, am 8., Oktober als Gewinner des Direktmandats erneut aus dem Rennen zu gehen. Dann an der Seite von Staatsministerin Melanie Huml (Bamberg), der auf Bezirksebene der Spitzenplatz überlassen wurde.

Vom Entgegenkommen Martin Mittag profitiert der quirlige 29-jährige Coburger Stadtrat Maximilian Forkel, der als Listenkandidat auf Platz 5 erscheint. Der Hoffnungsträger der CSU macht sich Hoffnung auf den Sprung in den Bayerischen Landtag. Das muss ihm nicht unbedingt auf Anhieb gelingen, aber aussichtslos ist dies zu einem späteren Zeitpunkt nicht.

Die Freien Wähler gibt es auch noch

Auch die Freien Wähler haben Anfang März in Würgau ihre Oberfrankenliste zusammengestellt. Über das Ergebnis schweigen sie sich offiziell noch aus. Landtagskandidat Nicola Schoppel wurde auf Platz 6 gehievt. Bezirkstagsbewerber Rainer Möbus startet von Platz 4.

Keine Kommune im Landkreis Coburg präsentiert dabei so viele Kandidaten wie Bad Rodach (Tobias Ehrlicher, Rainer Möbus, Erich Wohnig und andere). Ein Zeichen von lebendiger Demokratie? Oder Ausdruck hoher Unzufriedenheit?

Siehe auch „Thomas Büchner und Erich Wohnig führen ÖDP-Listen an“

Irrsinnige“ Investition in Zahlen: 125.000 Euro

SPD-Bezirkstagskandidat Tobias Ehrlicher (Bad Rodach) spricht von einer „irrsinnigen“ Summe, die für die Neugestaltung des Sitzungssaals beim Bezirk Oberfranken in Bayreuth ausgegeben wurde. Trifft dies zu? Wir haben nachgefragt. Florian Bergmann vom Präsidialbüro beantwortete unsere nachstehenden Fragen:

Wie hoch waren die Kosten für die Renovierung des großen Saals beim Bezirk Oberfranken?

Bergmann: Die Medienausstattung unseres großen Sitzungssaales war in die Jahre gekommen und bei weitem nicht mehr up to date – Sprechstellen für das Gremium vermisste man gänzlich. Als während der Corona-Pandemie das Thema hybrider Sitzungen aufkam, fasste man den Beschluss, den Saal nicht nur für diese Sitzungsform aufzurüsten, sondern die Medienausstattung in seiner Gesamtheit zu Überarbeiten und auf einen aktuellen Stand zu bringen.

 

  • Die Elektrik wurde grundlegend erneuert (analog wurde durch digital ersetzt)
  • Funksprechstellen für alle im Gremium befindlichen Sitzplätze wurden angeschafft
  • Um den gesetzlichen Vorgaben einer hybriden Sitzung nachzukommen wurden zwei schwenkbare Kameras im Saal angebracht, sowie vier große Monitore installiert.
  • Die Kosten für den gesamten Umbau beliefen sich letztendlich auf 125.000€.

Wird der Saal nur für vier Vollsitzungen im Jahr benötigt?

Bergmann: Die Auslastung des Saales beschränkt sich natürlich nicht nur auf vier Vollsitzungen im Jahr. Es finden und fanden neben den Sitzungen des Bezirkstages, die Sitzungen des Bezirksausschusses, des Verwaltungsrates der GeBO (Gesundheitseinrichtungen Bezirk Oberfranken), des Kulturausschusses, des Ausschuss für Soziales und weitere Ausschüsse des Bezirks in unserem großen Sitzungssaal statt. Daneben nutzt den Saal auch die Verwaltung für interne, sowie externe Besprechungen. Auch andere Behörden, Kommunen und Organisationen haben den Saal bereits angefragt und waren von der Medienausstattung begeistert.