Die Fusion war ein Gewinn
Es war eine Vernunftehe, keine Liebesheirat: Vor zehn Jahren legten der TSV 1925 Gemünda und der VfB Autenhausen ihre Fußballabteilungen zusammen. Unter dem neuen Namen TSVfB Krecktal gehen seither zwei gemeinsame Fußballmannschaften in ihren jeweiligen Ligen an den Start.
„Wir haben damals eine strategisch wichtige und richtige Entscheidung getroffen“, sagt Vorsitzender Carsten Höllein rückblickend. Früher hätten im Westen Seßlachs mit Autenhausen, Gemünda und der SpVgg Dietersdorf drei Vereine immer zwei Mannschaften gestellt. Absehbar sei bereits gewesen, dass dies in Ermangelung von Spielern in naher Zukunft nicht mehr möglich sein würde. Deshalb hätten die Vereine frühzeitig reagieren wollen und aus der Position der Stärke heraus miteinander das Gespräch gesucht. „Wir handelten nicht aus Existenznot“, stellt Höllein klar, „sicher hätten die Vereine selbstständig noch zwei oder drei Jahre weiterspielen können“.
Bald kristallisierte sich die mögliche Fusion der Vereine aus Autenhausen und Gemünda heraus. „Kritische Stimmen, ob das wohl funktionieren werde, gab es genug“, weiß Höllein. Historisch gesehen sei es ein bemerkenswerter Schritt gewesen. Immerhin gab es früher Grenz- und Konfessionsstreitigkeiten zwischen den beiden Stadtteilen. Derbys waren stets hart umkämpft. Nun galt es nicht nur diese Gegnerschaft zu überwinden: Jeder Verein habe auch „seine Identität ein Stück weit aufgeben müssen“, auch wenn die Muttervereine erhalten blieben. Vor allem die älteren Mitbürger hätten das kritisch gesehen. Für die Spieler, die sich meistens aus der Schule kannten, hätten die alten Rivalitäten dagegen kaum eine Rolle gespielt.
Den Weg, den die Vereine aus Gemünda und Autenhausen damals vor sich hatten, waren der VfL Untermerzbach und der SV Memmelsdorf/Ufr. kurz zuvor gegangen. Über deren Erfahrungen erkundigten sich die Neu-Fusionäre. Eine Erkenntnis: Der neue Vereinsname sollte keine Kombination aus beiden Namen sein, weil der Letztgenannte sonst untergehe, wie Höllein schildert. Kein Verein sollte sich übervorteilt fühlen. Stattdessen sollten beide Fusionäre zu gleichen Teilen repräsentiert sein: Die Spielorte etwa wechselten sich ab.
Mit Matthias Roppelt kam der Erste Vorsitzende aus Autenhausen, sein Stellvertreter wurde Carsten Höllein (Gemünda).
Dieser ist heute der Erste Vorsitzende, mit Moritz Dippold als Stellvertreter. Der wohnt zwar in Gemünda, spielte aber schon früher in Autenhausen. Spielleiter blieb der gebürtige Autenhausener Stefan Tranziska, dafür brachte Gemünda Spielertrainer Marco Madalschek ein. Beide Vereine agierten weiterhin eigenständig, nur die Fußballspieler wurden ausgegliedert und in dem neuen Verein zusammengefasst.
Auf der Suche nach einem verbindenden Element hatte Dominik Franz schließlich die Idee mit „Krecktal“, weil beide Orte an diesem Flüsschen liegen. Ein Vorschlag, den viele guthießen. Mit Ausnahme des Schiedsrichters vielleicht, der den Ort „Krecktal“ einst vergeblich suchte, wie Harri Buchner lachend berichtet. Ergänzt wurde der Name durch das etwas sperrige kombinierte Kürzel „TSVfB“. Im Landkreis Coburg waren der TSV Gemünda und der VfB Autenhausen damals Vorreiter, erinnert sich Matthias Roppelt. „Jetzt sind viele gezwungen den Weg zu gehen, den wir vor zehn Jahren initiiert haben“, bestätigt Höllein und verweist etwa auf die Spielgemeinschaft zwischen Heldritt und Bad Rodach.
Die Feuerwehren von Autenhausen und Gemünda arbeiten ebenfalls längst auf Augenhöhe zusammen. Höllein: „Auch menschlich sind beide Stadtteile zusammengewachsen.“ Das sieht auch der Seßlacher Bürgermeister so: „Trotz der damaligen Kritiker hat sich gezeigt, dass es eine gute und richtige Entscheidung war“, meint Maximilian Neeb (FW). Sein Fazit: „Nicht nur sportlich, sondern auch gesamtgesellschaftlich war die Fusion ein Gewinn!“
Inzwischen identifizieren sich die Fußballer ebenso wie die Verantwortlichen und die Fans mit dem TSVfB Krecktal. Mit Unterstützung eines großen Anhangs kämpfte die erste Mannschaft als knapp geschlagener Tabellenzweiter in der Kreisklasse 3 Itzgrund Ende Mai und Anfang Juni in zwei Relegationsspielen um den Aufstieg in die Kreisliga. Trotz der beiden Niederlagen wurde die Mannschaft gefeiert. Beim „Italienischen Abend“ zum Auftakt der Jubiläumsfeierlichkeiten wurde nun erstmals eine gemeinsame Hymne vorgestellt. Carsten Höllein fasst die Entwicklung so zusammen: „Aus Vernunft kann ja auch Liebe werden.“
Bettina Knauth