Die jüngste Fraktion im Stadtrat erhebt mahnend den Finger
Die Hauptversammlung der Freien Wähler Bad Rodach fand im LTV-Sportheim in Gauerstadt statt. Schriftführerin Bianca Ritter verlas das Protokoll zur letzten Hauptversammlung, und Kassiererin Gisela Roos trug bereits ihren 40. Kassenbericht vor.
Vorsitzender Stefan Wölfert blickte auf die Aktivitäten seit der letzten Hauptversammlung zurück. Die Freien Wähler haben sich aufgrund der Unsicherheit, beginnend mit dem Heizungsgesetz, intensiver mit verschiedenen Energie-Themen beschäftigt und dazu Fachvorträge organisiert, um hier den Bürgern mehr Transparenz zu vermitteln.
Im März 2023 war der Start mit dem Vortrag „Heizen – Abgaben, Verbote, Fördermittel – gibt es überhaupt die richtige Heizungsanlage?“ Im November folgte „ Information zu Wärmepumpen insbesondere in der Sanierung“.
Im Herbst des laufenden Jahres ist ein weiterer Vortrag geplant zur „nachhaltigen Energieeinsparung im Gebäudebestand“.
An der Fränkischen Weihnacht in Bad Rodach war man mit einem Glühweinstand wieder dabei. Ein Teil der Einnahmen wurde dem Jugendzentrum gespendet. Die Mitgliederzahl zum Ende des Berichtsjahres lag bei 71.
Bernd Werner erwähnte im „Bericht der Stadträte“ die Wechsel in der Fraktion: Für Gisela Roos und Gunter Bähr sind Florian Mikolayczak und Bianca Ritter nachgerückt. Die Verjüngung im Team war der Beweggrund für beide. Die Freien Wähler sind nun die jüngste Fraktion. Die finanzielle Situation der Stadt ab 2024 wird wesentlich davon abhängen, ob es gelingt, einen passenden Käufer für das Industrie-Grundstück in der Elsaer Straße zu finden, andernfalls droht eine Zwangsverwaltung. Neben wegfallenden Gewerbesteuereinnahmen wird eine deutlich höhere Kreisumlage erwartet, bedingt durch den Klinik-Neubau und die Insolvenz bei Regiomed.
Im Bereich Erneuerbare Energien hat die Stadt eine Zukunftschance erkannt. Bei den angedachten Projekten Windpark Breitenau Ost und Freiflächen-PV-Anlagen mit Bürgerbeteiligung würde die Stadt auch am Ergebnis in geringen Umfang beteiligt sein. Hier arbeitet die Stadt unter anderem auch mit der Energiegenossenschaft Coburger Land zusammen. Leider werden beide Energie-Projekte aktuell ausgebremst durch ein zu kleines Umspannwerk in Neuses, verantwortlich ist das Bayernwerk. Die Wartezeit wird mit „mehreren Jahren“ angegeben.
Erfreuliches lässt sich von der ThermeNatur berichten: 2023 konnte das erfolgreichste Jahr seit langem abgeschlossen werden. Besucheranstieg, bauliche Erweiterungen, höhere Aufenthaltsqualität und längere Tagesverweildauer können als positive Effekte verzeichnet werden. Schulschwimmen und Babyschwimmen werden mittlerweile sogar überregional angeboten. Sorgen bereiten erhebliche Kostensteigerungen bei der Energie ab 2024, die durch Energiemix-Optimierung , idealerweise zusätzlichen Fördermittel, aber auch durch Preiserhöhungen aufgefangen werden müssen.
Die Stadtwerke haben zwei turbulente Jahre hinter sich. Von der Kompetenz und dem Engagement der Leitung hängt viel ab. Der Bau des Nahwärmenetzes in der Thermalbadstraße beginnt.
Die Kreisräte Gerold Strobel (auch Verbandsrat im Krankenhausverband), Michael Fischer (beide Bad Rodach) und Christian Gunsenheimer (Weitramsdorf, auch Kreisvorsitzender der Freien Wähler) berichteten über ihre Arbeit im Coburger Kreistag.
Regiomed ist seit einiger Zeit das alles beherrschende Thema. Alle sind sich einig, dass Gesundheitsversorgung zur Daseinsvorsorge gehört. Die Belastungen durch Regiomed überfordern jedoch die Kommunen. Strobel resümiert, dass von Anfang an ein Mediziner gefehlt hätte, der über alle Kliniken koordiniert, quasi eine medizinische Oberaufsicht. Weiterhin wird bemängelt, dass das Aufteilungsverhältnis im Krankenhausverband (KHV) zwischen Stadt Coburg und Landkreis nicht korrekt umgesetzt wird. An den Landkreis dürften eigentlich nur 57 Prozent statt 60 Prozent umgelegt werden. Das Medizinische Konzept des Neubaus ist bisher auf alle Krankenhäuser in Regiomed ausgelegt. Fraglich ist, ob das nach der Insolvenz noch so bleiben kann. Eine Entscheidung unter welcher Trägerschaft es weitergeht ist derzeit offen. Die kommunalen Träger können sich aktuell genauso bewerben wie private Betreiber mit einem endgültigem Angebot bis Ende März des laufenden Jahres.
Der Gläubigerausschuss muss dann über die Bieter entscheiden. Das ehemalige BGS-Gelände in Coburg wird für den Neubau derzeit freigemacht. Der KHV hat das komplette Grundstück gekauft, um Erweiterungsmöglichkeiten zu haben. Positiv ist, dass zu erwartende Kostensteigerungen beim Neubau auch mit gefördert werden. Gerold Strobel unterstrich, dass die Essensversorgung im Neubau nicht von der Großküche in Lichtenfels aus erfolgen könne.
Die Freien Wähler sind die zweitstärkste Kraft im Kreistag und legen oft als Einziger den „Finger in die Wunde“, wenn es um Ausgaben geht. Eine kontinuierliche Verjüngung sei bei den Freien Wählern erforderlich, man sei auf einem guten Weg – der Generationswechsel im Stadtrat der Freien Wähler Bad Rodach sei beispielhaft, so Gunsenheimer. Alle mögen rechtzeitig an die Kommunalwahl 2026 denken.
Kritisch äußerte sich Gunsenheimer über die derzeitige Prioritätensetzung von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Im Bezirk Oberfranken gab es deshalb auch schon Abmeldungen. Aiwanger brauche Rückmeldung, dort, wo er Leute in der Basis verliert. Die Medien stürzen sich natürlich auf Aiwanger. Die Freien Wähler (im Landtag) sind jedoch nicht nur Aiwanger.
Unverständlich ist für Gunsenheimer das erst kürzlich von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger kommunizierte Vorhaben der Stromtrasse P540. Die Notwendigkeit müsse erst von der Bundesnetzagentur geprüft werden. Bisher steht im Netzentwicklungsplan nichts davon – vielmehr, dass die ursprüngliche P44 nicht mehr notwendig sei, weil eine Verstärkung der Süd-Ost-Link geplant ist. Sollte der neue Bedarf tatsächlich von der Bundesnetzagentur bestätigt werden, müsse man sich wieder organisieren. Die Vernichtung der „schönen Landschaft“ wird als Gegenargument nicht ausreichen. In Lautertal, Meeder und Bad Rodach (Lange Berge) sind derzeit mehrere Windräder und PV-Freiflächen geplant. Eine zusätzliche 380-KV-Stromleitung mit Mindestabständen von 500 Metern zu solchen Projekten sowie auch zu Ortschaften würde „da nicht mehr reinpassen“.
Bernd Werner