Der Wiesenweg ist kein Spielzeug 

Entscheid über Dienstaufsichtsbeschwerde auf dem Gabentisch?

Die Firma HABA in Bad Rodach wuchs in den letzten Jahrzehnten zu einem der bedeutendsten Industrieunternehmen in der Region. Sie trug den Namen der Stadt (Bad) Rodach in viele Länder. Sie gab mehreren hundert Menschen Arbeit und Lohn. Und sie war – und ist – ein Garant für Qualitätserzeugnisse im Bereich Spielwaren.

Eines war das Familienunternehmen über viele Jahre nicht: mitteilungsfreudig gegenüber der Öffentlichkeit. Das hat sich vor geraumer Zeit gravierend verändert. Seit HABA in finanzielle Schieflage geraten ist, verlässt mindestens einmal pro Woche eine Pressemitteilung das Fabrikgebäude am Standort im Nordwesten des Coburger Landes. So ändern sich die Zeiten!

HABA kann aber noch immer beharrlich schweigen, wenn kritische Fragen auf den Tisch kommen. Erinnern wir uns: Vor etwa drei Jahren wurde bekannt, dass die Stadt Bad Rodach durch ihren Ersten Bürgermeister der HABA FAMILYGROUP den am Firmengelände vorbeiführenden Wiesenweg zum Kauf angeboten habe. Später war aus dem Stadtrat zu hören, dass der Verkauf ohne vorherigen Stadtratsbeschluss erfolgt sei. Dies hatte eine Dienstaufsichtsbeschwerde zur Folge, die Stadtrat und Volljurist Klaus Geuther bei der Aufsichtsbehörde, dem Landratsamt Coburg, eingereicht hatte. Und über diese Beschwerde ist auch drei Jahre später noch keine Entscheidung getroffen worden.

Wenn schon das Rathaus in Bad Rodach und das Landratsamt Coburg sich vor einer Auskunft drücken, dann bleibt noch immer die Firma HABA, um Klarheit zu schaffen. Schließlich ist dort doch ein vermeintlicher Sinneswandel in der Öffentlichkeitsarbeit zu verzeichnen gewesen.

Also fragten wir bei HABA an, wie es denn derzeit um den Wiesenweg steht. Hat die Firma ihn gekauft? Wenn nein, warum wurde er dann vorübergehend für die Öffentlichkeit gesperrt? Eben alles Fragen, die seit relativ langer Zeit offen sind, die Bürgerinnen und Bürger beschäftigen, aus deren Mitte es sogar eine Unterschriftenaktion gegeben hat mit dem Ziel, den Wiesenweg für jedermann offen zu halten.

Vier Fragen haben wir HABA schriftlich vorgelegt. Das Antwortschreiben ließ nicht lange auf sich warten. Pressesprecherin Ilka Kunzelmann dankte für unsere E-Mail, zeigte sich über unser Interesse an der HABA FAMILYGROUP „erfreut“, um schließlich kühl zu formulieren: „Hierbei handelt es sich um Interna, zu der wir keinerlei Informationen nach außen geben.“

Warum nicht? Der Verkauf eines öffentlichen Weges durch die Stadt beziehungsweise der Erwerb dieser Liegenschaft durch einen Interessenten, sind keine interne Angelegenheit – zumal erst recht nicht, wenn dieser Weg sogar vorübergehend für die Allgemeinheit gesperrt wurde.

Mag sein, dass das Unternehmen derzeit andere Sorgen hat. Doch mit einer klaren öffentlichen Aussage hätte es zumindest wieder einmal Sympathiepunkte gewinnen können.

Seit dem 23. November des laufenden Jahres liegt dem Landratsamt Coburg, genauer gesagt, Landrat Sebastian Straubel, ein Erinnerungsschreiben in der „unendlichen Geschichte Wiesenweg in Bad Rodach“ vor. Klaus Geuther verweist in seiner Mitteilung darauf, dass die Rechtsaufsicht am 24. September 2020(!) den Beschwerdeführer um „etwas Geduld“ gebeten habe. Diese wird nun tatsächlich stark strapaziert.

So ist es nicht verwunderlich, dass Landrat Straubel nun folgendes zu lesen bekommen hat: „Aus meiner (juristischen) Sicht handelt es sich bei der gesamten Angelegenheit um einen recht simplen Fall von Rechtswendung, der keinerlei größere Schwierigkeiten aufweist, wenn es um die Frage der Einziehung des Weges geht.“ Es dürfte wohl unstreitig sein, so steht weiter geschrieben, „dass die gesetzlichen Voraussetzungen einer Einziehung nicht vorliegen, umso unverständlicher ist es für mich, dass ihr Amt keine klaren Worte findet“.

An klaren Worten lässt es Klaus Gauther jetzt dagegen nicht fehlen: Es sei eines „funktionierenden Rechtsstaates nicht würdig, den Eindruck zu erwecken, es gehe nicht um die Sache, sondern um die handelnden Personen, denen eine Konfrontation mit ihrem gesetzwidrigen Verhalten erspart bleiben soll. Ich denke, diesem Eindruck sollten Sie nun zeitnah und mit hoher Entschiedenheit entgegentreten – zumal es sich nicht um den ersten Sündenfall handelt (Stichwort „Auwäldchen-Abholzung“).

Wir fassen zusammen:

  1. Wurde der Wiesenweg durch Bad Rodachs Ersten Bürgermeister rechtswidrig verkauft?
  2. Liegt eine notarielle Beurkundung darüber vor?
  3. Wurde der Verkauf abschließend vollzogen?
  4. Wenn kein Verkauf zustande kam, wie zeitweise in die Öffentlichkeit gedrungen ist, warum hat dann der Landrat zwischen dem Beschwerdeführer einerseits und dem Verkäufer sowie Käufer andererseits einen Vermittlungsversuch via Videokonferenz in Zeiten der Pandemie unternommen?
  5. Wenn der Wiesenweg jederzeit im Eigentum der Stadt Bad Rodach geblieben ist, warum wurde er dann vorübergehend gesperrt?
  6. Wenn sich Erster Bürgermeister Tobias Ehrlicher mit seiner Verwaltung, die ihn vermutlich beraten hat, nichts vorzuwerfen hat, warum ist dann die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihn noch immer nicht abschließend durch die Aufsichtsbehörde bewertet worden?

Es wird Zeit, unter die leidige Angelegenheit einen Schlußstrich zu ziehen. Die Wahrheit muss auf den Tisch!

Horst Mitzel