Wirtschaft contra Grüne: Gemeinsam für ganzheitliches Verkehrskonzept kämpfen
Seitdem der Kreisverband Coburg-Stadt der Grünen sein „Sofortprogramm für eine verkehrsberuhigte Innenstadt“ vorgelegt hat, gab und gibt es aus verschiedenen Richtungen deutliche Kritik an den darin geforderten Maßnahmen, die vielfach das alleinige Ziel haben, motorisierten Individualverkehr schlichtweg aus der Innenstadt zu verbannen.
„Mit diesem Konzept wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Wir wollen eine vernünftige und zu Ende gedachte Lösung für alle“, sagt Steffi Cestone, Sprecherin von Zentrum Coburg. Deshalb initiierte die Aktionsgemeinschaft Zentrum Coburg in den ersten zwei März-Wochen eine Unterschriftenaktion gegen die Forderungen der Grünen. In der kurzen Zeit, in der die entsprechenden Listen bei 44 Händlern und Gastronomen in der Coburger Innenstadt auslagen, haben mehr als 1.600 Menschen ihre Unterschrift geleistet und damit deutliche Kritik an den einseitig ausgerichteten Ideen zur Innenstadtberuhigung geäußert.
Steffi Cestone hat jetzt gemeinsam mit Susanne Fischer eine Kopie der Unterschriftenliste an Dr. Andreas Engel, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Coburg, und IHK-Hauptgeschäftsführer Siegmar Schnabel überreicht – verbunden mit der Bitte an die Kammer, sich für ein ganzheitliches Verkehrskonzept einzusetzen. Die Originale werden an die Stadtspitze übergeben. „Mit unserer Unterschriftensammlung wollen wir ein Zeichen setzen, dass sehr viele Händler, Gastronomen, Dienstleister, aber vor allem unsere Kunden absolut gegen dieses Konzept sind“, so Cestone. Sie mahnte nicht zu vergessen, wer für eine lebendige und liebenswerte Innenstadt sorgt: „Das sind wir Händler, Gastronomen, Dienstleister, Arztpraxen und Kulturschaffenden!“
Unisono richtet sich die Kritik von IHK zu Coburg und Zentrum Coburg gegen die teilweise Sperrung der Innenstadt und die pauschale Abschaffung von Kurzzeitparkplätzen: So würde unter anderem das geforderte Sperren der Rückertstraße nicht zu einer Verringerung, sondern nur zu einer Verlagerung des Verkehrs führen, mit immensen Umwegen und entsprechend erhöhtem Schadstoffausstoß.
Die Forderung nach Entfernung der Kurzzeitparkplätze in der Ketschengasse lässt die Bedürfnisse des dortigen Einzelhandels wie auch der Kundschaft völlig außer Acht. Denn der Pkw ist mit Abstand das Haupt-Verkehrsmittel zum Erreichen der Innenstadt und nicht zuletzt aus körperlichen Gründen sind viele Menschen auf kurze Wege zwischen Einkaufsstelle und Parkplatz angewiesen.
Den Autoverkehr auf dem Marktplatz während der Wochenmärkte wollen die Grünen ganz abschaffen: „Alle Argumente, die für die Notwendigkeit der Autozufahrt angeführt werden, sind mit einfachen Maßnahmen und etwas Kreativität zu entkräften.“ Neben dieser lapidaren Aussage findet sich in dem Sofortprogramm noch der kaum taugliche Vergleich mit Supermarktparkplätzen, dort seien die Wege auch nicht länger als vom Marktplatz zum nächsten Parkhaus. Allerdings haben die Kunden dort einen Einkaufswagen für ihre Einkäufe und sie müssen sich nicht über holpriges Pflaster bewegen.
Bei Überreichung der Unterschriftenliste bekräftigte IHK-Präsident Dr. Engel die Forderung nach einem ganzheitlichen Verkehrskonzept für die Coburger Innenstadt. Für das zweite Quartal sei ein „Verkehrsforum der Wirtschaft“ in Vorbereitung, bei dem sich namhafte Experten sowie Vertreter der gewerblichen Wirtschaft und von Institutionen fachlich austauschen. „Das Ziel ist, die Basis für ein Verkehrskonzept zu schaffen – ohne ideologische Vorurteile oder Ausschlüsse –, das Coburgs Funktion als Oberzentrum gerecht wird“, betonte Dr. Engel. Aus Sicht der Wirtschaft müsse ein solches Konzept sich an folgenden Prüfsteinen messen lassen: Berücksichtigung wirklich aller Verkehrsträger ohne vorherige Ausschlüsse oder Priorisierungen, verkehrliche Anbindung des Umlandes einschließlich angrenzender Gebietskörperschaften sowie Schaffung bzw. Erhalt einer ausgewogenen Anzahl an Kurzzeitparkplätzen, aber auch Begrünung der Innenstadt zur Attraktivitätssteigerung.
Aus Sicht von Steffi Cestone und ihren Mitstreitern müssen dabei auch insbesondere folgende Fragen geklärt werden: Wie ist der ÖPNV aufgestellt? Gibt es genügend Stellplätze für jeden Anwohner und Pendler? Wie ist der Verkehrsfluss in der Innenstadt? Aus welcher Richtung kommen die Menschen in die Stadt, wo staut sich der Verkehr?
„Neben dem Ziel der CO2-Reduzierung sind zwei Punkte für das Verkehrskonzept essenziell: Wir brauchen ein System, das auf die individuellen Bedürfnisse der Bevölkerung abgestimmt ist, ohne von vornherein Teile auszuschließen. Und wir können uns keine Experimente leisten, die die Fehler anderer Städte wiederholen und am Ende dem Handel schaden“, erklärt IHK-Präsident Dr. Engel abschließend.