Selbst gekaufte Alltagsfahrzeuge und abgefahrene Millionärs-Schlitten
Dass es in früheren Zeiten erheblich beschaulicher und diskreter zuging, ist nun wirklich nichts Neues. Das gilt auch für den fahrbaren Untersatz der Fußballspieler. Von einem Fritz Walter, von seinem Renommee her auf die jüngere Zeit in etwa übertragbar auf einen Bastian Schweinsteiger, ist nicht einmal mit Sicherheit belegbar, wie der Kapitän der ersten deutschen Weltmeistermannschaft zu seinem Mercedes 190 SL Cabriolet oder zu dem in der Farbe Ikonengold lackierten Mercedes 280 CE gekommen ist. Vermutlich hat der „Alte Fritz“ die Fahrzeuge aus eigener Tasche bezahlt, um „in keinerlei Abhängigkeiten“ zu geraten, wie es das Buch über Fußball-Legenden und ihre Autos beschreibt. Auch Uwe Seeler, eine ebenfalls legendäre Galionsfigur des deutschen Fußballs, war mit einem Mercedes („selbst gekauft, nicht gesponsert“) als Handelsvertreter eines Sportartikelherstellers unterwegs.
Über eine solche Bescheidenheit dürften die millionenschweren Balltreter der Gegenwart vermutlich nur müde lächeln. In seinem Buch beschreibt der Autor die schillernden, überaus luxuriösen und keineswegs auf einzelne Exemplare beschränkten Fuhrparks der Balotellis, der Beckhams, der Ibrahimovics, der Maradonas, der Ronaldos. Darunter sind Jungspunde, manche von ihnen mit Mitte 20 noch ziemlich grün hinter den Ohren, unterwegs mit auffällig in goldener Farbe lackierten oder in Perlmutt glänzenden Hyper-Sportwagen mit locker 800 und mehr PS unter der Haube oder mit Super-Luxuslimousinen und Mega-SUV vom Schlage eines Bentley oder Rolls Royce. Porsche, Lamborghini, Ferrari oder Aston Martin zählen in diesen Kreisen fast schon zum Butter-und Brot-Alltag. Es ist irgendwie unverständlich, dass Menschen, die sich das Geld vom Munde absparen müssen, diesen überkandidelten und exzentrischen Multi-Millionarios in den Fußballstadien zujubeln und ihr schwer Verdientes und Erspartes dann auch noch für in aller Regel völlig überteuerte Fanartikel zum Fenster rauswerfen.
Ob angeberisches Statussymbol, automobile Leidenschaft oder alltägliches Fortbewegungsmittel: Im Prinzip lassen sich die Fahrzeuge der bekannten Kicker in verschiedene Kategorien unterteilen. Hinzu kommen zudem die mit Sicherheit fürstlich bezahlten Rollen der sogenannten Markenbotschafter, deren Saläre natürlich im Kaufpreis für Otto Normalfahrer längst berücksichtigt sind. Denn ob sich ein Zlatan Ibrahimovic in seinem Umfeld tatsächlich mit einem familientauglichen Volvo zufrieden gibt oder ein Meistertrainer wie Jürgen Klopp privat wirklich in einem vergleichsweise schnöden Opel herumkurvt, darf doch wohl stark bezweifelt werden. Dennoch ist es interessant, was Autor Carsten Germann, der als Journalist mit einer Leidenschaft für den englischen Fußball gilt, an Anekdoten sowie großen und kleinen Auto-Episoden der Fußballhelden ausgegraben hat. Dass Germann wohl eher ein Fachmann der Kickerszene ist als ein Experte von Automobilen, zeigt unter anderem die Tatsache, dass vielfach die sportlichen Aspekte in den Texten eine erheblich dominantere Rolle einnehmen als die Fuhrparks seiner ausgewählten Protagonisten. Das ist aber die Sichtweise des Rezensenten und seine Erwartungshaltung an ein Werk aus dem Motorbuch Verlag. Das sieht möglicherweise ein eingefleischter Fußballfan ganz anders.
Etwas getrübt wird der durchaus interessante Lesestoff von einer Vielzahl von Rechtschreibfehlern und sprachlichen Holpersteinen in der Grammatik. In dieser Beziehung scheint das Buch mit „heißer Nadel“ gestrickt. Hinzu kommen auch einige sachliche Pannen. So ist das erste Auto von David Backham im Text ein Ford Escort, im Foto auf der gegenüberliegenden Seite aber plötzlich ein VW Golf Edition Match von 1994. Verbesserungswürdig erscheint auch die Darstellung der Bildunterschriften. Denn eine relativ dunkelgrüne Schrift auf schwarzem Grund dient wahrlich nicht der Lesbarkeit.
tgz
Fußball-Legenden. Die Autos von Beckenbauer, Pelé, Klopp & Co., von Carsten Germann, 207 Seiten mit rund 150 Abbildungen, Format 21 x 28 cm, gebunden, Motorbuch Verlag (Stuttgart), 29,90 Euro, ISBN: 978-3-613-04673-3 tgz