Seßlachs Bürgermeister zieht Bilanz

Stärkung und Ausbau des Wirtschaftsstandortes sind das Ziel

Zu einer „selbstbewussten, aber auch selbstkritischen Halbzeitanalyse“ seiner Amtszeit (seit Februar 2019) nutzte Bürgermeister Maximilian Neeb die Hauptversammlung der Freien Wählergruppe „Bürgerblock“ Seßlach im Gemeindehaus in Oberelldorf.

Für seinen Sachstandsbericht griff Neeb vor rund 40 Anwesenden vier Puzzleteile aus seiner Wahlwerbung auf. Im Bereich Kultur und Tourismus ging er zunächst auf das historische Erbe ein, das es zu erhalten gelte. So konnte der erste Abschnitt der vollumfänglich erhaltenen Stadtmauer saniert werden, ebenso wie alle Backhäuser, bei denen Handlungsbedarf bestand. Auch am städtischen Brauhaus in Seßlach waren Erhaltungsmaßnahmen nötig. Ein einwandfreier Zustand von Liegenschaft und Inventar trage zur Qualität des Seßlacher Bieres bei, das nun „noch besser vermarktet und verkauft werden soll“.

Die neue Tourismusverantwortliche Maria Brückner bezeichnete der Bürgermeister als „echten Glücksgriff“. Der ebenfalls neue Tourismus- und Kulturausschuss habe viele kleine Projekte angestoßen, wie den neuen Marterlweg, der am Freitag, 7. Oktober, eröffnet wird. Während das Netz an Wanderwegen umfangreich ist, gestalte sich der Ausbau des Radwegenetzes schwierig. Auf die Sanierung des Bestandsweges entlang der St 2204 zwischen Dietersdorf und Seßlach werde seit zwei Jahren gewartet; die Grundstückssituation Richtung Itzgrund verhindere dort die Fortführung des Radwegs. Und die Umsetzung des Lichtmasterplans verzögere sich durch die aktuelle Energiekrise weiter.

Zu Stärkung und Ausbau des Wirtschaftsstandorts Seßlach suche er immer wieder den Austausch mit den Firmen und Einzelhändlern im Stadtgebiet, betonte Maximilian Neeb. „Mit kleinen Maßnahmen wollen wir den Einzelhandel weiter stärken, um ein belebtes Stadtzentrum zu haben.“ Für ein von der Stadt erworbenes Grundstück im Gewerbegebiet Dietersdorf gebe es aktuell einen Interessenten. „Jede Ansiedlung eines Gewerbebetriebs, ob groß oder klein, ist wichtig für das gesamte Stadtgebiet“, unterstrich das Stadtoberhaupt. Zu den nötigen Rahmenbedingungen gehöre auch der Breitbandausbau, der weiter vorangetrieben werde. Endlich geschlossen werden können in Kürze auch die letzten Löcher im Mobilfunknetz, durch neue Masten nahe Rothenberg, Krumbach sowie zwischen Merlach und Lindenau. Zur Unterstützung der Landwirtschaft habe die Kommune wenig Gestaltungs- und Handlungsspielraum, meinte der Bürgermeister, doch suche er den Dialog mit Landwirten und Jagdgenossenschaften, die einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Wege leisteten. „Was mich richtig wurmt ist das Thema des Grundstücksverkaufs für Verbesserungsmaßnahmen“, beklagte Neeb. So könnte der geplante Kernweg zwischen Ober- und Unterelldorf nicht umgesetzt werden, „dabei wollen wir keineswegs wertvolles Ackerland unnötig verbrauchen“. In Gleismuthhausen sei der Ausbau des Mühlwegs dagegen „auf einem guten Weg“.

„Vieles ist bei uns nur möglich wegen der großen ehrenamtlichen Bereitschaft unserer Bürgerinnen und Bürger“, betonte der Kommunalpolitiker. Über das Regionalbudget der Initiative Rodachtal sei es in den letzten drei Jahren gelungen, über 100.000 Euro ins Stadtgebiet zu holen. Geld, das etwa für Sitzbänke, Kleinspielfelder, für Ausstattung wie Maßnahmen an Gebäuden für Vereine verwandt wurde. Über eine Million Euro habe sich die Stadt im selben Zeitraum dazu die Feuerwehren kosten lassen, „eine zentrale Säule des Ehrenamts im Stadtgebiet“, so für Kleidung, Ausrüstung,  Gerätehäuser und anderes. Vermisst hat der Rathauschef wegen Corona den Austausch mit den Vereinen, der nun aber wieder möglich sei.

Medizinische Versorgung verbessert

Als letztes ging Maximilian Neeb auf die Lebensqualität ein. Die Stationierung eines Rettungswagens habe die medizinische Versorgung verbessert, „ein echter Gewinn“. Eventuell soll die Ambulanz nicht nur tagsüber in Seßlach eine Bleibe finden, sondern rund um die Uhr. Wegen der noch guten Förderkulisse investiere die Stadt weiter in die Erneuerung von Wasser- und Abwasserleitungen. Der Hochbehälter in Seßlach müsse neu gebaut, ein Trinkwasserbrunnen und Kläranlagen saniert werden. Immer sei der Leitungsbau mit dem Straßenbau verbunden.

Die Heilgersdorfer Ortsdurchfahrt und der Mini-Kreisel in Seßlach sind fertig, ebenso wie der erste Abschnitt der Ortsdurchfahrt Rothenberg. 2023 folge dort der nächste Teil. Auf der Agenda stünden auch die Durchfahrt Gleismuthhausen und der Schulberg in Seßlach. Als Baumaßnahmen des Landkreises im Stadtgebiet wurden die Ortsdurchfahrt Dietersdorf bis Neundorf und die Oberflächensanierung zwischen Autenhausen und Merlach erledigt. In Planung seien die Strecke Witzmannsberg-Seßlach (Neeb: „Die Flickarbeiten tragen hier nicht unbedingt zur Verbesserung bei!“), der Watzendorfer Berg und die Rothenberger Straße in Heilgersdorf. Von städtischer Seite stehen allein 2022 Straßenbaumaßnahmen für rund 250.000 Euro an. So wurden die Muggenbacher Straße ausgebessert und der Bahnhofsplatz in Dietersdorf asphaltiert. Die Wiederherstellung der Straße in der Unterelldorfer Siedlung steht noch an.

„Natürlich wollen und haben wir nicht nur in Asphalt und Leitungen investiert“, bekundete Neeb. Eine Herzensangelegenheit war für ihn die Fertigstellung der Freizeitanlage in Autenhausen, die erstmals eine „richtige Badesaison“ erlebte. „Eine tolle Anlage mit Strahlkraft über das Stadtgebiet hinaus und ein Erholungsort für alle, ob Jung ob Alt, aus Nah oder Fern“, urteilte der Bürgermeister.

Die Betreuungsangebote von Seniorentreff über Diakoniestation bis hin zu den Kitas nannte Neeb „spitze“. Das neue Gesamtleitungskonzept sorge für einheitliche Standards in Gemünda und Seßlach. Der Anstellungschlüssel liege über dem bayerischen Durchschnitt und die Nachmittagsbetreuung sei ein „absoluter Gewinn“. Das frische Essen aus der Schulküche lasse sich die Stadt etwas kosten. Und auch die „sehr aktive“ Jugendpflege sorge als Baustein für „optimale Rahmenbedingungen und Attraktivität für junge Familien“. Um weiteren Personen den Zuzug zu ermöglichen, wird noch 2022 die Erschließung des Neubaugebiets in Heilgersdorf beginnen, weitere Stadtteile sollen folgen, „trotz eines kritischen Auges für den Landverbrauch“.

Erhält das Heilgersdorfer Schloss eine Akademie für Kunst und Kultur?

Zuletzt ging der Seßlacher Bürgermeister auf die städtischen Liegenschaften ein. Schloss Heilgersdorf soll verkauft werden, ein Vorvertrag mit den Interessenten (Eigentümer des Hafenpreppacher Schlosses) ist bereits unterzeichnet, nun gelte es „weitere Dinge zu klären“. Henrik Stein und Ismail Mukadam möchten aus dem Denkmal eine Akademie für Kunst und Kultur machen, „ein sehr glücklicher Umstand“. Denn eine Sanierung des Schlosses, das betonte Neeb, „kann sich die Stadt definitiv nicht leisten“. Weiterer Pluspunkt: Durch Gastronomie und einen öffentlichen Teil bleibt das Bauwerk den Einheimischen weiterhin zugänglich. Vermittelt hatte den Kontakt ein Mitglied der Freien Wähler. Maßnahmen durchgeführt wurden oder geplant sind an den Gemeindehäusern in Oberelldorf, Autenhausen, Bischwind, Merlach und Hattersdorf. Das Feuerwehrhaus in Rothenberg erhielt einen Anbau, die Alte Schule in Seßlach neue Fenster und in Gleismuthhausen wird ein erworbenes Abrisshaus einem Dorfplatz weichen.

„Für viele Themen braucht es einen langen Atem, vieles erweist sich als komplizierter als es auf den ersten Blick aussieht und vieles wird allein aus finanzieller Sicht in Zukunft nicht einfacher werden“, sagte Neeb weiter. So hätten ihn etwa Ämter oder gesetzliche Regelungen immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Gut gewirtschaftet und Schulden abgebaut zu haben, werde mitunter auch bestraft, fügte er hinzu, so sei die Förderung bei der Dorferneuerung von 65 auf 45 Prozent gefallen. „Nichtsdestotrotz traue ich mich zu sagen, dass in dreieinhalb Jahren einiges geschafft wurde, dass die Entwicklung stimmt und wir positiv in die Zukunft schauen können“, schloss der Bürgermeister. Sein Dank galt der Stadtratsfraktion. Auch mit den anderen Fraktionen arbeiteten die Freien Wähler gut zusammen. Neeb: „Meist kommen wir auf einen Nenner.“

Für 10 Jahre Mitgliedschaft in der Freien Wählergruppe „Bürgerblock“ Seßlach zeichneten Vorsitzende Martina Kilian, Bürgermeister Maximilian Neeb und Zweiter Vorsitzender Stefan Tranziska (hinten, von links) Hermann Gossenberger bei der Hauptversammlung im Gemeindehaus Oberelldorf aus. Foto: B. Knauth
Für 10 Jahre Mitgliedschaft in der Freien Wählergruppe „Bürgerblock“ Seßlach zeichneten Vorsitzende Martina Kilian, Bürgermeister Maximilian Neeb und Zweiter Vorsitzender Stefan Tranziska (hinten, von links) Hermann Gossenberger bei der Hauptversammlung im Gemeindehaus Oberelldorf aus. Foto: B. Knauth

Mit aktuell 106 Mitgliedern stellen die Freien Wähler weiterhin die größte politische Vereinigung im Stadtgebiet. Zehn Jahre gehören dem „Bürgerblock“ Hermann Gossenberger (Gemünda) sowie das Ehepaar Elfriede und Siegfried Druckenbrod (Seßlach) an. Auf ein Vierteljahrhundert Mitgliedschaft bringen es Gudrun Jöchner (Gemünda) und Waltraud Hauck (Seßlach). Neben diversen Sitzungen von Vorstand und Fraktionen fanden im letzten Jahr eine Klausurtagung in Waischenfeld und zuletzt ein öffentliches Sommerfest im neuen Naturbad „Autilus“ statt. Für Mitte Oktober ist die nächste Klausurtagung angesetzt, dieses Mal im Stadtgebiet, zu der die Vorsitzende alle Mitglieder einlud. Für 2023 hoffte Kilian wieder einen „Politischen Rosenmontag“ veranstalten zu können. Zweiter Vorsitzender Stefan Tranziska dankte zum Schluss allen Vorständen, Stadträten und Mitgliedern für die gute Zusammenarbeit und hob das Engagement der Vorsitzenden lobend hervor.

Warum wurde „Hoher Besuch“ verschwiegen?

Nachfragen gab es zur möglichen weiteren Baugebieten und zu den Personalkosten der Stadt. In Unterelldorf werde nach Lösungen für die beantragte Ortsrandbebauung gesucht, so Neeb. Dass Seßlach etwa im Vergleich mit Weitramsdorf erheblich höhere Personalkosten aufweist, wie Helmfried Schleicher vorrechnete, begründete der Bürgermeister mit den beiden städtischen Kindertagesstätten, denen in der Nachbargemeinde zwei kirchliche Kitas gegenüberstünden. Gesamtleiterin Kerstin Thein bestätigte, dass die Mehrkosten genau den für den Kita-Betrieb notwendigen Stellen entsprechen. Im Stadtrat werden die Personalausgaben laut Neeb mit kritischen Augen verfolgt. „Wir haben unterm Strich aber gute Lösungen getroffen, unser Personal wird gebraucht“, betonte er, mit Verweis auf „immer neue Bestimmungen“ und vielen „nach außen nicht sichtbaren Aufgaben“. Statt die Verwaltung zu Tode zu sparen, gelte es „Anreize zu schaffen, um gutes Personal zu schaffen und zu binden“. „Wir haben eher zwei bis drei Leute zu wenig“, meinte Stadtrat Volker Leffer.

Hendrik Dressel erkundigte sich, ob tatsächlich eine Staatsministerin Seßlach einen Besuch abgestattet habe, ohne dass der Bürgermeister davon in Kenntnis gesetzt wurde. „Ich habe vom Besuch Kerstin Schreyers erst aus den Sozialen Medien erfahren“, bestätigte Neeb. Er bedauerte dies, denn Gesprächsthemen hätte es mit der CSU-Ministerin für Familie, Arbeit und Soziales genug gegeben. Obendrein hätte sich Schreyer gern ins Goldene Buch der Stadt eintragen können.

N A C H G E H A K T

Wir haben bei dem heimischen CSU-Landtagsabgeordneten Martin Mittag nachgehakt. M.M. wies im Gespräch mit unserer Redaktion darauf hin, dass es sich bei dem vieldiskutierten Besuch um den Arbeitskreis Wirtschaft der CSU gehandelt habe. Dessen Vorsitzende sei Kerstin Schreyer. Weder in Seßlach noch in Meeder oder anderswo seien zu Besprechungen Gäste oder Medienvertreter eingeladen worden. Der Arbeitskreis habe mehrere Stimmkreise besucht, so auch den Nachbarkreis Haßberge, sagte Martin Mittag.  hm-.