Hermann Müller-Franken-Preis für Martin Becher 

Auszeichnung für „herausragendes Engagement für die Demokratie“

Martin Becher (rechts) wurde als erster Preisträger ausgezeichnet. Er erhielt den Hermann Müller-Franken Preis der Franken-Akademie Schloss Schney von Prof. Dr. Günter Dippold, Bezirksheimatpfleger für Oberfranken (Mitte) und Stefan Hinterleitner, Erster Vorsitzender des Vereins zur Förderung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung. Foto: I. Kroon-Lottes.

Premiere in der Franken-Akademie Schloss Schney: In der überparteilichen Bildungseinrichtung wurde erstmals der Hermann Müller-Franken Preis für herausragendes Engagement für die Demokratie in Franken verliehen.  Ausgezeichnet wurde der Politologe und Rechtsextremismusexperte Martin Becher. Gewürdigt wurde er für seine unermüdliche und verbindende Bildungsarbeit gegen Rechts. Becher erhielt den – von Kevin Hosseinian, einem Studierenden der Hochschule Coburg unter dem Dach des Designforums Oberfranken gestalteten Preis – aus den Händen von Stefan Hinterleitner, Erster Vorsitzender des Vereins zur Förderung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung sowie Prof. Dr. Günter Dippold, Bezirksheimatpfleger für Oberfranken, als Vorsitzenden des Vergabegremiums des Preises.

Von Iris Kroon-Lottes

Auch wenn die meisten der etwa 60 Gäste im festlichen Saal der Franken-Akademie Schloss Schney den Namen des ersten Trägers des Hermann Müller-Franken Preises bereits vor der Bekanntgabe erraten hatten, brandete begeisterter Applaus auf, nachdem  Prof. Dr. Günter Dippold den ehemaligen Leiter des „Bündnisses  für Toleranz“,  Martin Becher, in seiner Laudatio benannt hatte.  Er sei ein Experte, der den Kampf gegen Rechtsaußen nie verbissen geführt habe, sondern mit Entschlossenheit und verbindendem Humor, fasste Dippold die Entscheidung des Preisvergabegremiums rückblickend zusammen.

Martin Becher, der 1961 im oberfränkischen Münchberg geboren wurde, ist Diplom-Pädagoge und Diplom-Politologe. Bis zum Herbst 2023 leitete er als Geschäftsführer das „Bayerische Bündnis für Toleranz“, das seinen Sitz im Evangelischen Bildungs- und Tagungszentrums in Bad Alexandersbad (Landkreis Wunsiedel) hat. Zwölf Jahre lang setzte er sich aktiv für das Bündnis und die damit verbundene Projektstelle gegen Rechtsextremismus ein. Bei seiner Arbeit sei es ihm gelungen, das Netzwerk  nicht nur zu erweitern, sondern zugleich enger zu knüpfen.  „Martin Becher hat Vertrauen untereinander geschaffen, durch seine ausgleichende, besonnene Art und seine klare Haltung“, betonte Dr. Dippold in seiner Rede.  Den Preis bekomme er nicht, weil er seinen Job gemacht habe, sondern für die Art und Weise, wie er ihn umgesetzt habe, nämlich mit einer großen Portion Selbstreflexion, aber auch unerschrocken und vor allem unermüdlich.

Viele Erfahrungen sammelte Becher auch in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung und der Gedenkstättenarbeit. Aktuell arbeitet er an dem Aufbau eines Demokratie-Netzwerks für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) in Nürnberg.  „Deine  Arbeit geht also weiter. Dein Versuch, etwas kürzer zu treten, ist misslungen. Uns freut es“, plädierte Dr. Dippold mit einem Lächeln in Richtung des Preisträgers.

Die Auszeichnung mit dem  Hermann Müller-Franken Preis bedeute ihm viel, sagte Martin Becher nach der Verleihung.  Er fühle sich dadurch stellvertretend für die vielen Menschen geehrt, die sich in der Zivilgesellschaft, in den Kirchen, Gewerkschaften und Parteien, in der Bildung, aber auch im Alltag für die Demokratie engagieren.  Sein Preisgeld von 1.000 Euro wird er je zur Hälfte an die Bayerische Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt und an die Organisation „Between The Lines“ spenden. Letztere schützt Journalisten bei Demos gegen gewalttätige Übergriffe und sichere damit die Pressefreiheit.

Die Festrede zur Preisverleihung hielt der ehemalige Nürnberger Oberbürgermeister, Dr. Ulrich Maly. Er zitierte den Philosophen und Soziologen Theodor W. Adorno mit einer Aussage aus 1967, in der die Mechanismen des Rechtspopulismus so aktuell wie heute erscheinen. „Radikal autoritäre und übersteigert nationalistische Einstellungen gibt es schon immer in Deutschland“, so Dr. Maly. Doch wo waren diese Menschen bei Wahlen früher als es noch keine rechtspopulistischen Parteien gab? An den Rändern der großen Volksparteien? Viele Menschen spüren heute mehr und mehr einen Kontrollverlust und damit Ängste, auf die die Volksparteien nicht mehr die richtigen Antworten hätten.  Die Gründe für den Rechtsruck in Deutschland und ganz Europa sieht der Politiker auch in Motiven wie Wut, Angst, Veränderungsmüdigkeit und Unzufriedenheit als Basis, auf der die Rechtsbewegung stetig wachse.  Aus gebündelter Wut transformieren sich Protestwähler, resümierte  er. Deshalb sei es wichtig, dass es Menschen gebe, die als „fröhliche Weltverbesserer“ unsere Demokratie und Verfassung schützen.

Genau deshalb kommt eine Auszeichnung wie der Hermann Müller-Franken Preis zur richtigen Zeit. Menschen sollen motiviert werden, sich für eine lebendige Demokratie und eine aktive Teilhabe an der demokratischen Meinungs- und Willensbildung einzusetzen. „Wir wollen unsere Preisträger  auch als Vorbilder herausstellen, denen hoffentlich viele andere auf ihre ganz individuelle Art und Weise nachahmen – der Hermann Müller-Franken Preis ist insofern auch als Mutmacher und Motivator gedacht“, erklärte der Vorsitzende des Vereins zur Förderung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung, Stefan Hinterleitner. Die Franken-Akademie Schloss Schney stelle sich als gemeinnützige Einrichtung der politischen Erwachsenenbildung dieser wichtigen Aufgabe „einerseits durch unsere regelmäßige Bildungsarbeit, durch Planspiele Demokratie für Schülerinnen und Schüler und künftig auch durch die Verleihung dieses Preises als zusätzlichen Baustein“.

Der Herrmann-Müller-Franken-Preis wird vom Förderverein der Franken-Akademie Schloss Schney fortan jährlich vergeben. Es  können Einzelpersonen, Initiativen, Gruppen, Vereine und Institutionen ausgezeichnet werden, die sich um den Erhalt und die Förderung der Demokratie in besonderer Weise verdient gemacht haben. Das jeweilige Engagement sollte dabei vor allem in Franken wahrnehmbar sein.

Die Auszeichnung umfasst ein Preisgeld in Höhe von 1.000 EUR und einen Ehrenpreis, der in diesem Jahr von Kevin Hosseinian kreiert wurde. Er studiert an der Hochschule Coburg Integratives Produktdesign und arbeitete mehrere Wochen an der Ausgestaltung.  Die Entwicklung des Preises sowie die Ausrichtung der Festveranstaltung sind gefördert aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Info: franken-akademie.de/hermann-mueller-franken-preis

Hermann Müller-Franken (18. Mai 1876 – 20. März 1931):

Hermann Müller-Franken war von 1919 bis 1928 Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und gehörte 1919 als Außenminister sowie später zweimal (1920 sowie von 1928 bis 1930) als Reichkanzler dem Kabinett des Deutschen Reichs an. Geboren in Mannheim und aufgewachsen in der Region Dresden, vertrat er ab 1920 den Wahlkreis Franken im Reichstag. Er gilt als bedeutender Zeitzeuge der November-Revolution.

Mit diesem Preis soll das Gedenken um einen herausragenden, aufopferungsvollen Demokraten im frühen 20. Jahrhundert gestärkt werden. In einer Zeit, in der die Demokratie in Deutschland mehr Feinde als Freunde hatte, setzte sich Hermann Müller-Franken unermüdlich für die Weimarer Demokratie und die freiheitlich-demokratische Grundordnung ein. Hermann Müller-Franken war auch der letzte Reichskanzler in der Weimarer Republik, der sich auf eine demokratisch legitimierte Parlamentsmehrheit stützen konnte. Nach seinem Rücktritt 1930 zerfiel die Demokratie in Deutschland bis zur Machtergreifung Adolf Hitlers 1933. Somit gilt Hermann Müller-Franken als ein leuchtendes Vorbild für demokratisches Wirken in stürmischen Zeiten.