Notruf aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld

Trinkwasser aus dem Frankenwald soll Versorgung sichern

Landrat Thomas Habermann (CSU) in Bad Neustadt / Saale: „Die FWO wäre bereit und auch imstande, Trinkwasser zu liefern.“

Herr Landrat Habermann, reicht die Trinkwasserversorgung für die Menschen im Raum Bad Königshofen mittel- und langfristig aus?

Habermann: Wenn auch Prognosen immer sehr schwierig und unsicher sind, steht außer Frage, dass es derzeit bereits erhebliche Einschränkungen für die Bevölkerung vor Ort gibt, was die Wassernutzung angeht. So gelten seit längerem Einschränkungen, dass beispielsweise keine Swimmingpools gefüllt oder Autos gewaschen werden dürfen. Berücksichtigt man zudem, dass der Wasserbedarf aller Voraussicht nach in Folge des Klimawandels eher noch zunehmen wird (Stichwort: Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen), kann man derzeit nicht davon ausgehen, dass die bestehende Trinkwasserversorgung ausreichend ist.

Trifft es zu, dass sich der Landkreis Rhön-Grabfeld deshalb mit dem Anschluss an die Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO) beschäftigt?

Habermann: Die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung ist zunächst eine Aufgabe der Städte und Gemeinden. In unserer Region sind die mit den geringen Niederschlägen einhergehenden Probleme jedoch ein generelles und gemeindeübergreifendes Problem. Deshalb hat sich auch der Landkreis Rhön-Grabfeld von Beginn an in diese Thematik mit eingebracht.

Bereits seit 2018 beschäftigen sich die Verantwortlichen im Grabfeld mit der Frage, wie eine ausreichende Trinkwasserversorgung gewährleistet werden kann. Im Jahr 2019 wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, welche die verschiedenen Möglichkeiten aufzeigte. Das Ergebnis der Studie und auch die mehrheitliche Meinung der Verantwortlichen vor Ort war, dass perspektivisch betrachtet, ein Anschluss an die FWO die sinnvollste Variante wäre.

Was sagen die Ministerien in München zu Ihrer Initiative?

Habermann: Es hat zu dieser Thematik mehrere Gespräche auf verschiedenen Ebenen gegeben. Die Ministerien – allen voran das bayerische Umweltministerium – begrüßen den Umstand, dass die gesamte Region, das heisst alle verantwortlichen Wasserversorger zusammen mit dem Landkreis, eine einheitliche Meinungsbildung erzielen konnte. Als wesentliches Ergebnis kann festgehalten werden, dass die besondere Situation im Grabfeld erkannt und die Bereitschaft signalisiert wurde, hier vorrangig unterstützend tätig zu werden.

Könnte von einem Anschluss des Raumes Bad Königshofen auch ein Teil des Landkreises Haßberge vom Trinkwasser aus dem Frankenwald in Oberfranken profitieren? Bemühen sich deshalb die Landkreise Rhön-Grabfeld und Haßberge gemeinsam um eine Problemlösung?

Habermann: Der Landkreis Haßberge wurde über die im Grabfeld bestehende Situation und die ins Auge gefassten Lösungsansätze informiert. Nachdem ein Anschluss an die FWO durch den Landkreis Haßberge verlaufen würde, könnten natürlich auch Wasserversorger im Landkreis Haßberge hiervon profitieren.

Schon vor etwa zwei Jahrzehnten war das Thema „Wasser aus dem Frankenwald für Teile Unterfrankens“ im Gespräch. Damals scheiterten die Verhandlungen am Widerstand vieler Bürgerinnen und Bürger in den Landkreisen Rhön-Grabfeld (Bad Königshofen) und Haßberge (Maroldsweisach). Ist unterdessen ein Sinneswandel eingetreten?

Habermann: Einerseits haben sich Bedenken durch die klimatischen Veränderungen und die Gegebenheiten vor Ort drastisch verändert und verschärft. Eine Vergleichbarkeit mit der Situation vor 20 Jahren ist damit nicht mehr gegeben. Dies ist auch vielen Bürgerinnen und Bürgern mittlerweile bewusst. Zum anderen ist der wesentliche Unterschied zur damaligen Situation der Umstand, dass nunmehr kein Verzicht mehr auf die eigene Wasserversorgung im Raum steht. Vielmehr gilt es, die eigene Wasserversorgung zu erhalten und durch den Bezug von Trinkwasser von der FWO die Versorgungssicherheit zu erhöhen.

Was sind Ihre nächsten Schritte?

Habermann: Es wird das Gespräch mit den verantwortlichen Ministerien weitergeführt, um die ins Auge gefasste Lösung voranzutreiben und die bereits signalisierte Unterstützung zu konkretisieren. Unter anderem soll baldmöglichst eine Umsetzungsplanung in Auftrag gegeben werden.

Stehen Sie mit der FWO in engem Kontakt? Wäre diese bereit und imstande, Trinkwasser zu liefern?

Habermann: Zwischen dem Landkreis und der FWO findet ein enger und vertrauensvoller Austausch statt. Die FWO wäre bereit und auch imstande, Trinkwasser zu liefern. Entsprechende Grundsatzbeschlüsse aus den Jahren 2020 und 2022 liegen vor. Der konkrete Bedarf oder die von der FWO lieferbare Menge ist noch nicht beziffert.

Wann könnte frühestens mit dem Bau eines Versorgungsnetzes vom Coburger Land (Dietersdorf) in Richtung Unterfranken begonnen werden?

Habermann: Auf Grund der äußerst angespannten Situation muss dieses Projekt grundsätzlich so schnell wie möglich umgesetzt werden. Angesichts der derzeit noch bestehenden offenen Fragen ist eine realistische Einschätzung eines möglichen Baubeginns noch nicht möglich. Möglich wäre ein Anschluss in fünf Jahren.

Gibt es schon erste Kostenschätzungen?

Habermann: In den Machbarkeitsstudien und Gutachten wurden grobe Kostenschätzungen vorgenommen. Inwieweit diese auf Grund der Preisentwicklung auf dem Bausektor derzeit noch aktuell sind, ist offen. Wir bitten deshalb um Verständnis, dass wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine belastbaren Zahlen über anfallende Kosten nennen können.

Wie ist die Finanzierung geplant?

Habermann: Die konkreten Finanzierungsplanungen sind Gegenstand der nächsten Gespräche. Auf Grund der Bedeutung, die ein Anschluss des Grabfeldes an die FWO auch für die überregionale Versorgung des nordbayerischen Raums haben kann, ist zunächst der Freistaat Bayern gefragt. Dies wäre ein Teil der Gesamtstrategie für die Sicherstellung einer ausreichenden Wasserversorgung im Freistaat.

Die Fragen stellte Horst Mitzel