Jonas Eckstein (SPD) auf Platz 29 der Landesliste
Auch andere Parteien haben in Oberfranken ihre Kandidaten zur Wahl des Deutschen Bundestages benannt. Doch politische Schwergewichte sind nicht darunter. Das war in früheren Jahrzehnten anders.
Aus Coburg kam in den Jahren 1961/62 mit Dr. Wolfgang Stammberger im Kabinett Konrad Adenauer der Bundesjustizminister. Später, von 1970 bis 1978, war der Jurist Oberbürgermeister seiner Vaterstadt, nachdem er zwischenzeitlich von der FDP zur SPD gewechselt war.
Etwa zur gleichen Zeit stammte auch der Bundesfinanzminister aus Oberfranken: Heinz Starke (FDP, später CSU, Hof/Bayreuth). Von 1969 bis 1976 bekleidete Karl Herold (SPD, Kulmbach) das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs im damaligen Innerdeutschen Ministerium. Ihm folgte einige Jahre später mit Günter Verheugen (FDP, später SPD) ein weiterer über Parteigrenzen hinweg geschätzter Bundespolitiker, der 1999 sogar zum EU-Kommissar berufen wurde.
Nun geht der letzte Prominente von Bord: Hans-Peter Friedrich (CSU, Hof), der seit 1998 dem Deutschen Bundestag angehört. Von 2011 bis 2014 war er zunächst Bundesminister des Innern, dann Landwirtschaftsminister Zwischen 2017 und 2021 hatte er das Amt eines der Bundestags-Vizepräsidenten inne.
Nicht vergessen sein soll Otto Regenspurger (CSU, Coburg), der 1976 im Wettstreit mit Karl Hofmann (SPD, Kronach) das Direktmandat für die CSU zurückeroberte und dieses bis 1998 erfolgreich verteidigte. Längere Zeit war der in Untersiemau beheimatete Politiker Bundesbeauftragter für die Belange der Behinderten.
Dann ist also Schluss mit „großen Namen“ aus Oberfranken. Dr. Jonas Geissler (CSU) tritt jetzt zum zweiten Mal in Folge als Direktkandidat im Wahlkreis Coburg-Kronach-Geroldsgrün an. Unter den heimischen Bewerbern für das Parlament an der Spree gilt er als Favorit. Was hat er seit seinem Einzug in das Reichstagsgebäude vor drei Jahren für seine Heimat erreicht?
Nach Ansicht seiner politischen Gegner „nicht viel“. In den knapp zwei Monaten vor der Wahl Ende Februar wird der 40-Jährige Gelegenheit haben, Kritik zu entkräften und Rechenschaft über sein Wirken abzulegen.
Gesichtet wurde Dr. Geissler kürzlich bei einem Empfang der Industrie- und Handelskammer zu Coburg. Das fiel schon deshalb auf, weil die Zahl der anwesenden Politiker geringer als bei früheren Veranstaltungen war. Die Stadt Coburg wurde weder durch den Oberbürgermeister noch durch einen seiner beiden Stellvertreter repräsentiert. Aus dem Landkreis Coburg war mit OB Frank Rebhan der prominenteste Kreispolitiker unter den Gästen.
Also zurück zu den Parteien und deren Kandidaten. Die bayerische SPD „zimmerte“ in Bamberg ihre Landesliste mit 49 Kandidaten zur Wahlentscheidung am 23. Februar zurecht.
Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) begrüßte seine Parteifreunde „in der einstigen CSU-Hochburg“. Und blieb nur wenige Minuten.
Was dann folgte, war ein Gemisch aus Kampfkandidaturen, Kritik und bitteren Enttäuschungen. Angesichts der schlechten Umfragen schließen (vor allem) ältere Sozialdemokraten nicht aus, dass sich die Zahl der bayerischen Mandate verringern dürfte.
Auf Platz 1 wurde der 51-jährige Carsten Träger (Fürth) gehievt. „Wer kennt ihn?“, fragte hinter vorgehaltener
Hand ein Delegierter in den hinteren Reihen seinen Platznachbarn. Der raunte zurück: „Genauso wenig wie Annette Kramme.“ Die Dame ist immerhin Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Mag sein, doch über ihren Wahlkreis Bayreuth kommt sie wohl selten hinaus …
Andreas Schwarz (Bamberg) war mit seiner Platzierung auf Range 13 zufrieden. Erst auf Platz 29 erscheint Jonas Eckstein, der Kandidat im Wahlkreis Coburg-Kronach-Geroldsgrün. Er war – aus persönlichen Gründen – schon gar nicht nach Bamberg gekommen.
Treu und brav erfüllte beim Parteitag die Delegation aus dem Raum Coburg-Kronach ihre Aufgabe. Zuhören und abstimmen – geduldig nahmen es Elke Kuhlenkamp (Coburg), Angela Kern, Ralf Pohl und Jürgen Kern (alle Kronach) sowie Carsten Höllein (Coburg-Land) auf sich.
Wenige Tage danach gab Jonas Eckstein die Besetzung seines Wahlkampfteams bekannt: Oliver Pieschel (Wahlkampfleiter), Carsten Höllein (Coburg-Land), MdL Sabine Gross (Kronach), Dr. Ralf Völkl (Kronach) und Theo Bieling (Jusos, Coburg-Stadt).
Welche Unterstützung wird der 26-jährige Jungsozialist Eckstein durch seine Genossen im Wahlkreis bekommen? In der Coburger Stadtratsfraktion der SPD heißt es vereinzelt: „Ohne mich!“ Das gilt weniger Jonas Eckstein als vielmehr dem Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz.
Zum Schluss auch dies: Ein Großteil der Sozialdemokraten (etwa 125) verstieß in der Tagungsstätte in Bamberg gegen die Garderoben-Abgabepflicht (siehe Fotos). Sie nahmen Koffer, Taschen und Mäntel in den Saal, was ausdrücklich untersagt war. Entsprechende Hinweisschilder ignorierten sie. An ihrem Sparwillen kann es nicht gelegen haben. Eine Garderobengebühr wurde nicht erhoben. Sozialdemokraten sind bequem geworden.
Horst Mitzel