Statt Ruine ein Leuchtturmprojekt?

Friedhofskirche soll modernes Gemeindezentrum werden

Der Zahn der Zeit nagt seit Jahrzehnten an der Salvatorkirche, mehr als Friedhofskirche bekannt, in Bad Rodach. Ihre letzte Generalsanierung liegt 46 Jahre zurück: Seither hat sich ein enormer Sanierungsbedarf angestaut. Um ihn abzubauen, wären rund 500.000 Euro erforderlich. Doch die stehen der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde nicht zur Verfügung. Weder sind Rücklagen hierfür vorhanden, noch bestehen Aussichten auf Fördermöglichkeiten durch die Landeskirche.

Weitaus günstiger erscheint die Umwandlung des aus dem 17. Jahrhundert stammenden Gotteshauses in ein modernes Gemeindezentrum. Dagegen wiederum regt sich Widerstand. Weniger sichtbar und vernehmbar in der Öffentlichkeit, mehr in kleineren Zirkeln.

Vor allem Teile der älteren Generation wollen sich mit den Ideen des Kirchenvorstandes und einem von ihm gebildeten Arbeitskreis nicht anfreunden. Proteste kommen auch aus mehreren Gegenden der Republik, sogar aus dem fernen Ausland. Menschen, die vor vielen Jahren ihre Heimatstadt verlassen haben, sich aber weiterhin mit ihr verbunden fühlen und gelegentlich in ihre Mauern zurückkehren, drücken ihre Enttäuschung über das Projekt in Briefen, E-Mails und Telefongesprächen gegenüber Verwandten und Bekannten aus.

Pfarrer Christian Rosenzweig, seit 2014 in Bad Rodach tätig, zeigt sich über den Groll Einzelner überrascht. Bei ihm ist Kritik bislang kaum angezeigt worden. Seiner 2.000 Seelen zählenden Gemeinde geht es wie vielen anderen: ihr fehlt es an Einnahmen, also an Geld. Weil auch ihre Mitgliederzahlen sinken (2022 gab es 35 Bestattungen und 54 Kirchenaustritte bei 3 Neuanmeldungen. Außerdem wurden 25 Kinder getauft, 22 gingen zur Konfirmation.), fallen die Zuweisungen der Landeskirche geringer aus. Auf der anderen Seite belasten die Unterhaltungskosten für zum Teil ältere und alte Immobilien (St. Johanniskirche, St. Salvatorkirche, Pfarrhaus, Gemeindesaal, Pfarramt und andere) das Budget.

Also bemüht sich der Kirchenvorstand seit geraumer Zeit um eine Linderung seiner Probleme. Nach mehreren Beratungen und dem Sammeln von Informationen über die Umwandlung ehemaliger Kirchen in Franken (zum Beispiel Gustav-Adolf-Kirche in Nürnberg) reifte bei den Verantwortlichen der Gedanke, die Salvatorkirche an der Hildburghäuser Straße in ein Gemeindezentrum umzuwandeln. Dies erscheint allen Beteiligten, so Pfarrer Rosenzweig, bedeutend besser, als die Kirche mit einem Bauzaun zu umgeben und ihre bereits vollzogene Schließung wegen drohender Gefahren in einen ruinösen Dauerzustand zu versetzen.

Im August vorigen Jahres schien der Zeitpunkt gekommen, die Gemeindemitglieder über das Vorhaben zu informieren. Also wurde, so der Geistliche, form- und fristgerecht eine Gemeindeversammlung für den 8. September einberufen, an der schließlich 29 Zuhörer teilnahmen. Der Termin wurde so gewählt, um den Bauantrag zur Oktober-Sitzung des Verteilausschusses der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern vorlegen zu können. Auf wesentlich weniger Interesse stieß dann die folgende entscheidende KV-Sitzung, zu der nur ein Zuhörer erschien. Auch in einer Bürgerversammlung der Stadt Bad Rodach im späten Herbst, in der es um die Weiterentwicklung der Kommune im Allgemeinen ging, wurden keine Fragen gestellt. Pfarrer Christian Rosenzweig war eigens mit einigen Kirchenvorstandsmitgliedern erschienen, um gegebenenfalls Rede und Antwort zu stehen.

Blick in den neu entstehenden Umgang der St. Salvatorkirche. Für den Umbau bleiben die historischen Stützen und Brüstungselemente der Empore erhalten. Lediglich die Decken werden teilweise zurückgebaut.
Fotos (2): Studio Gründer-Kirfel

So also liegen jetzt zur kirchenaufsichtlichen Genehmigung entsprechende Pläne vor, die unterdessen auch dem Stadtrat bekannt sind. Pfarrer Rosenzweig unterstreicht, dass es ihm und dem Kirchenvorstand ein „zentrales Anliegen“ sei, die Salvatorkirche weiterhin kirchlich zu nutzen. Wie dieses aussehen soll, ist in der letzten Ausgabe der „Kirchturmspitzen“ (Gemeindebrief) in wenigen Worten umrissen: Im Erdgeschoss ist ein Pfarrbüro mit EDV-Raum und im Obergeschoss ein lichtdurchfluteter Gemeindesaal (Fassungsvermögen bis 50 Personen) vorgesehen. Das gilt auch, wie die Grundrisse belegen, für den Einbau eines Plattformliftes und die Barrierefreiheit.

Die Entwürfe hierfür stammen vom Architekturbüro Anika Gründer und Florian Kirfel (Bedheim), die in enger Absprache mit der Denkmalschutzbehörde gefertigt wurden.

Beim Landesamt für Denkmalpflege liegt seit Mitte Januar ein Schreiben aus Bad Rodach vor, in dem ein Rentner (der seinen Namen nicht in der Öffentlichkeit genannt haben will), seiner Enttäuschung über die beabsichtigte neue Nutzung Luft macht. Die Friedhofskirche soll entweiht, der historische Altar und die Kanzel entfernt und eine Profilstahlkonstruktion eingebaut werden – für den Klageführer „unvorstellbar“. Sein Fazit: „Der Umbau der Salvatorkirche zu einem Pfarrzentrum stellt einen absoluten Bruch der Tradition und eine Zerstörung einer uralten Kirche dar.“ Weiter heißt es in dem 17 Zeilen umfassenden Brief: „Viele Rodacher Bürger und ich würden sich sehr freuen, wenn auf dem ‚Altar des Profits‘ unsere Salvator-Friedhofskirche nicht geopfert würde.“ Bei der fachlichen Beurteilung möge der Wunsch berücksichtigt werden, endet die Einlassung.

Wenn einerseits für die Sanierung der Salvatorkirche kein Geld zur Verfügung steht, warum wagt der Kirchenvorstand dann eine Investition, die voraussichtlich etwa viermal höher sein wird? Pfarrer Rosenzweig ist um eine Antwort nicht verlegen und nennt Einzelheiten der Finanzplanung, die schon seit der Gemeindeversammlung bekannt sind. Bei einer Bausumme von 1,8 bis 2,0 Millionen Euro werde mit einer Förderung durch die Evangelische Landeskirche Bayern von rund 670.000 Euro gerechnet. Ferner sei beabsichtigt, den Erlös aus dem Verkauf des Pfarrhauses, des Gemeindesaales und des Pfarramtes an der Martin-Luther-Straße in Bad Rodach für das neue Projekt zu verwenden. Unter Einbeziehung von Rücklagen sowie den Erlösen aus den genannten Immobilienverkäufen gehe man derzeit von erforderlichen Eigenmitteln in Höhe von knapp 50.000 Euro aus, die durch Fundraising etc. zu erbringen sind. In diesem Zusammenhang erscheinen zwei Punkte interessant:

  1. Die Friedhofskirche gilt als sogenanntes Ertragsobjekt. Für solche gibt es keine landeskirchlichen Fördermittel.
  2. Die Zahl der Pfarrhäuser ist in den letzten Jahren geringer geworden, weil sie dort aufgelöst werden, wo es keinen Pfarrsitz mehr gibt oder geben wird.

Aus dem Kreis derer, die sich offen zu dem umstrittenen Vorhaben äußern, wagt sich nur Bad Rodachs Zweiter Bürgermeister Rainer Möbus hervor. Er sieht in der beabsichtigten neuen Nutzung der Salvatorkirche ein „Leuchtturmprojekt“. Seine Realisierung soll bis Sommer 2024 abgeschlossen sein. Pfarrer Christian Rosenzweig: „Das ist aber schon sehr sportlich.“

Für dieses zu werben, ist weiterhin eine große Aufgabe für den Kirchenvorstand. Das Gremium mit Pfarrer Christian Rosenzweig erwartet am Sonntag, 7. Mai, die evangelische Regionalbischöfin Dr. Dorothea Greiner (Bayreuth) zu einem Festgottesdienst in der St. Johanniskirche. In den Mittelpunkt rückt dann die Entweihung der St. Salvatorkirche.

Ob dieser Besuch für die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Bad Rodach viele Gläubige anlocken wird, bleibt abzuwarten. Gewöhnlich werden sonntägliche Gottesdienste in der St. Johanniskirche von 20 bis 40 Frauen, Männern und Kindern besucht. Die letzte Andacht zum Mitarbeiterdank vereinte 80 Personen. O-Ton Pfarrer Rosenzweig: „Welche andere, örtliche Organisation kann Woche für Woche mit derartigen Personenzahlen aufwarten?“ Zu einem Waldadvent an der ehemaligen Bratwursteiche ist auch eine stattliche Anzahl an Bürgerinnen und Bürgern gekommen. Events wirken anziehend. Früher war es zum Beispiel auch die Bergkirchweih auf dem St. Georgenberg. Aber dort wurde schon lange kein Gottesdienst mehr gefeiert.

Horst Mitzel

Der Saal auf der ersten Emporenebene. Hier wird sowohl Platz für Besprechungen, als auch Raum für Andachten und weitere Nutzungen sein.