VdK-Kreisversammlung in Ahorn kritisch betrachtet 

Mangelnde Wertschätzung

Es war nicht irgendein gemütliches Beisammensein, das die große VdK-Familie einmal mehr in Ahorn zusammenführte. Es war der Jahresauftakt des Sozialverbandes, der in der Region Coburg von über 11 ooo Mitgliedern getragen wird. Und es war die Stunde des Dankes und der Verabschiedung von Geschäftsführer Thomas Steinlein, der nach über 28-jährigem Wirken Coburg „ade“ sagte und zum 1. Februar an die VdK-Geschäftsstelle Bayreuth in gleicher Position wechselt.

Ahorn ist für den VdK-Kreisverband Coburg nicht nur ein Ort für den Austausch von mehr oder weniger bedeutsamen Informationen. Ahorn ist nach der Stadt Coburg für den VdK eine Heimstatt, in die er etwa ein Drittel seiner Jahresveranstaltungen vergibt. Das mag mehrere gute Gründe haben. Es ist die Stadtnähe, die Busverbindung im Stundentakt von und in die City und mehr. Die Räumlichkeiten im Bürgerhaus können auch zu günstigen Bedingungen genutzt werden. Also Zufriedenheit über die partnerschaftliche Zusammenarbeit auf beiden Seiten.

Und jetzt war es die Jahresauftaktveranstaltung, zu der Repräsentanten des VdK aus München ebenso gekommen waren wie aus Bayreuth. Landesgeschäftsführung und die Verantwortlichen auf Bezirksebene sahen es als eine dem Anlass entsprechende Verpflichtung an, dabei zu sein.

Für den Landkreis Coburg war Landrat Sebastian Straubel gekommen und für die Vestestadt Dritter Bürgermeister Can Aydin. Sie verfolgten während des gesamten offiziellen Teils das Geschehen, was auch als Beleg dafür gewertet werden kann, welchen Respekt sie dem VdK und seiner Arbeit zollen.

Thomas Steinleins letzter Geschäftsbericht konnte sich sehen lassen. Unabhängig von der stolzen Mitgliederzahl, die am Jahresende 2023 exakt bei 11.751 lag, präsentierte der Referent weiteres Zahlenmaterial, das nicht immer Freude dokumentierte, in jedem Fall aber den großen Wert des VdK-Engagements deutlich untermauerte.

Stellvertretend für viele Zahlen greifen wir nur ein paar wenige heraus, welche die große Unzufriedenheit unter älteren Menschen widerspiegelt. Der VdK Coburg reichte für seine Mitglieder im Berichtszeitraum 1o4 Klagen vor Gerichten ein. Davon betrafen 21 das Schwerbehindertengesetz, 56 die gesetzliche Rentenversicherung und acht die gesetzliche Pflegeversicherung. Sonstige Klagen waren es 19.

Das Ergebnis: Der VdK erreichte für seine Mitglieder Nachzahlungen in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.491.541.52 Euro! Die sonstigen schlagen mit 46.437.95 Euro zu Buche. Das Gesamtergebnis: 1.537.979.57 Euro.

Welch erfreuliches, zugleich beschämendes Bild. Beschämend deshalb, weil hinter dieser enormen Summe nicht selten schwere Schicksalsschläge verborgen sind, weil sie Ärger und Verdruss wohl erzeugt haben und weil sie erst mit Hilfe eines Gerichts erstritten werden mussten. Welchen Stellenwert, so darf gefragt werden, nehmen in unserem Sozialstaat Kranke und Ältere ein?

Wen wundert es also, dass in unserer Gesellschaft immer mehr Wut und Enttäuschung Platz greifen? Menschen müssen erst vor Gericht ziehen, um ihre Renten in der Höhe zu bekommen, die ihnen durch Gesetz zustehen, Rentenversicherungen und Krankenkassen lassen es oft auf juristische Auseinandersetzungen ankommen, ohne Rücksicht auf das Leid der klagenden Menschen, hinter denen schwere arbeitsreiche Jahre liegen.

Interessieren sich dafür unsere Volksvertreter? Jene Frauen und Männer, die in den Bayerischen Landtag und in den Deutschen Bundestag gewählt wurden. Beim VdK-Jahresauftakt haben die heimischen Abgeordneten der genannten Parlamente gefehlt. Natürlich entschuldigt.

Fehlt es ihnen an der Wertschätzung gegenüber dem VdK? Auch an der gegenüber einem Kreisgeschäftsführer, der fast drei Jahrzehnte Anwalt von tausenden Bürgerinnen und Bürgern war.

Sogar die gastgebende Gemeinde Ahorn hat beim Jahresauftakt gefehlt. Zwei Tage vor dem Termin hat Erster Bürgermeister Martin Finzel sich und seine beiden Stellvertreter entschuldigt. Zweiter Bürgermeister Wolfgang Beyer führte für sein Fernbleiben private Gründe an, der Dritte, Udo Bohl, war in seinem Betrieb unabkömmlich. Und Martin Finzel selbst? Er war, wie 13 weitere Ober- und Bürgermeister von insgesamt 17 aus dem Coburger Land, in Berlin. Dorthin hatte „Oberfranken-Offensiv“ zur „Grünen Woche“ eingeladen. Und obendrein war zwischen der Bürgermeistergilde und dem Wahlkreisabgeordneten Dr. Jonas Geissler (CSU) seit etwa einem Dreivierteljahr ein Gedankenaustausch im Deutschen Bundestag vereinbart.

So setzt eben jeder Prioritäten. Auf den Ausflug mit dem ICE an die Spree verzichteten die Bürgermeister Karl Kolb (Lautertal), Bernd Höfer (Meeder), Maximilian Neeb (Seßlach) und Markus Mönch (Weidhausen).

Martin Finzel freute sich nach der Rückkehr aus der deutschen Hauptstadt, „erstmals im Reichstagsgebäude gewesen zu sein“.

siehe auch unter Rubrik Coburg: VdK-Familie sagt Thomas Steinlein DANKE

Horst Mitzel