Gemeinsam planen, vorbereiten und feiern

Ummerstadt, Thüringens kleinste Stadt mit 462 Einwohnern, erwartet zur Feier „Deutsche Einheit“ am 3./4. Oktober bis zu 5.000 Besucher. Ausrichter der Mammut-Veranstaltung unter dem Motto „35 Jahre Grenzenlos“ ist der Landkreis Hildburghausen in Zusammenarbeit mit seinen Nachbarn, den Landkreisen Coburg, Haßberge und Sonneberg sowie der kreisfreien Stadt Coburg.
„Die Planungen sind noch nicht bis ins letzte Detail gediehen“, sagt Landrat Sven Gregor (Freie Wähler, Hildburghausen) knapp fünf Monate vor dem Fest. Immerhin kann er aber bereits für das Programm einige markante Punkte nennen: Festgottesdienst am Ummerstadter Kreuz mit Predigt des evangelischen Regionalbischofs Tobias Schüfer, und Start des traditionellen Thüringisch-Fränkischen Wandertags in Heldburg mit Ziel Ummerstadt.
Für den „grenzenlosen Markt“ bekunden bisher 52 Vereine und Einzelpersonen ihr Interesse; vorwiegend mehr aus dem Thüringer und weniger aus dem bayerischen Raum.
Institutionen und Organisationen können die beiden Tage nutzen, um sich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Gebrauch machen von dem Angebot wollen der Fränkische Bund, der Bund Naturschutz Coburg und andere. Das Landratsamt Haßberge kündigt eine Ausstellung an unter dem Titel: „Weinstock am Haus mit Spalieren und Wandauslegern. Verkauf resistenter Rebstöcke.“ Auch die Coburg Stadt und Land aktiv GmbH hat sich angesagt.
Ein Shop für Kinderbücher ist ebenso dabei wie Schausägen (Holzskulpturen mit der Kettensäge). Im Angebot sind auch selbstgefertigte Milchkannenlaternen sowie Taschen, Beutel und Rucksäcke aus alten Jeans, um ein weiteres Beispiel zu nennen. Ein besonderer Anziehungspunkt für alle Generationen könnte wohl die Ausstellung des 1. Oldtimer und Ostalgie Club Hildburghausen mit etwa 15 Pkw, Motorrädern und Wohnanhängern werden. Natürlich hat sich auch Ernst Langert aus Hellingen mit seinem Trabi angemeldet., den viele als Teilnehmer an Festzügen kennen.
Das Festprogramm
Freitag, 3. Oktober
10.00 Uhr – Ökumenischer Festgottesdienst am Ummerstadter Kreuz mit Predigt des evangelischen Regionalbischofs Tobias Schüfer (Erfurt).
10.00 Uhr – Start des Thüringisch-Fränkischen Wandertages in Heldburg mit Ziel Ummerstadt.
11.00 Uhr – „Grenzenloser Markt“ mit Produkten und Spezialitäten sowie Kunst und Handwerk aus der Region.
11.30 Uhr – Auftakt im Festzelt. Musikalische Begleitung durch die Musikschule Sonneberg. Festrede. Mittagsangebot.
13.30 Uhr – Blasmusik mit „Hexenberger“ im Festzelt.
20.00 Uhr – Abendveranstaltung mit der Band „Aeroplane“.
Samstag, 4. Oktober
10.00 Uhr – „Grenzenloser Markt“. Wie am Vortag bis 17.00 Uhr.
14.00 Uhr – Blasmusik im Festzelt. Ende 17.00 Uhr.
20.00 Uhr – 80er/90er-Party mit DJ. Wie am Vortag bis 2.00 Uhr.
Änderungen möglich.
Die Schirmherrschft über „35 Jahre Grenzenlos“ hat Thüringens Ministerpräsident Dr. Mario Voigt übernommen. Allerdings bleibt der Landespolitiker der Veranstaltung fern mit der Entschuldigung, am 3. Oktober an der zentralen bundesdeutschen Feier in Saarbrücken teilnehmen zu müssen.
Bleibt die Frage nach dem Festredner. Bei der regionalen Einheitsfeier im Oktober 2015 in Sonneberg war es der frühere bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber, fünf Jahre zuvor in Maroldsweisach (Landkreis Haßberge) der kürzlich verstorbene „Landesvater“ Thüringens, Dr. Bernhard Vogel. „Es ist schwierig, noch aktive Politiker von damals das zu finden“, begründet Landrat Sven Gregor das noch unerledigte Thema. Gregor fügt hinzu: „Die Menschen hören nicht mehr so zu wie vor zehn oder 20 Jahren. Das muss auch gekonnt sein, das Publikum mitzureißen.“ An den ehemaligen Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel (86, CSU) wurde sicherlich gedacht. Aber vielleicht für eine Jubiläumsfeier zu einem anderen Zeitpunkt.
Die geplante Einheitsfeier bietet nun Gelegenheit, dass Verantwortliche in der Region – und nicht nur sie – wieder enger zusammenrücken, damit weiter zusammenwächst, was zusammengehört. Das Fiasko um Regiomed – einst grenzüberschreitend als Leuchtturm im Krankenhauswesen gefeiert, in den letzten zwei Jahren jedoch krachend in sich zusammengefallen – hat das Nachbarschaftsverhältnis zwischen den südthüringischen Landkreisen (Hildburghausen und Sonneberg) und Coburg-Stadt und -Land stark belastet. Davon war jetzt, zumindest nach außen, nichts zu erkennen, als sich die politischen Vertreter der Region in der Geschäftsstelle der grenzüberschreitend wirkenden Initiative Rodachtal in Ummerstadt trafen, um für Teilnahme und Besuch der großen Feier Anfang Oktober zu werben.
Waren die Landräte und Coburgs Zweiter Bürgermeister Hans-Herbert Hartan in ihren noblen Dienst-Limousinen vorgefahren, so hatte sich Peter Oestreicher, Organisator der 35-Jahr-Feier vor Ort, passend zum Anlass für seinen Trabant entschieden. Eigentlich sollte Ummerstadt schon 2020 für die im fünfjährigen Turnus geplante (jeweils in einem anderen Landkreis) regionale Einheitsfeier Gastgeber sein, doch Corona ließ dies nicht zu.
Umso mehr freut sich jetzt Ummerstadts Bürgermeister Florian Lorz auf die Veranstaltung. Einerseits vertraut er auf die Unterstützung „vieler Vereine“ und andererseits glaubt er, der Feier mit einem eigens im kommunalen Brauhaus gebrauten Festbier eine besondere Note geben zu können. Der Gerstensaft soll rechtzeitig in den Felsenkellern in Richtung Weitramsdorf eingelagert werden.
Nicht weniger tatenfroh blickt Peter Oestreicher, Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung Ummerstadt, nach vorn. Gestützt auf die Unterlagen aus dem Jahre 2020, die von ihm hervorgekramt wurden, hat Oestreicher die Feinplanung eingeleitet. Dass mehrere tausend Menschen an zwei Festtagen das kleine Ummerstadt bevölkern, kann den 60-Jährigen nicht schrecken. „Bei unserer 1175-Jahr-Feier im Jahre 2012 waren es 7.500 Besucher“, erinnert sich Oestreicher. Wenn alle zusammenarbeiten, also Thüringer und Bayern Hand in Hand … Dann wird’s schon klappen.
Innerhalb und außerhalb des Städtchens, auf Kopfsteinpflaster und vor schmucken Häusern im mittelalterlichen Fachwerkstil, auf dem Marktplatz wie auf dem Viehmarkt, aber auch auf dem Sportplatz, werden Reden und Musik zu hören, heimische Produkte, Spezialitäten, Kunst und Handwerk zu finden sein.
Für Sonnebergs Landrat Robert Sesselmann (AfD) ist die Einheitsfeier „sehr wichtig“, um der Ereignisse von 1989/90 zu gedenken. Die Musikschule des Landkreises werde im Festzelt für die musikalische Umrahmung sorgen, kündigte Sesselmann an.
Haßberge wird, so dessen Landrat Wilhelm Schneider (CSU), den Genuss in den Mittelpunkt stellen. Schließlich könne dies mit Bier und Wein geschehen. Wilhelm Schneider hat die große Einheitsfeier vor 15 Jahren nicht weniger gut in Erinnerung wie die Grenzöffnung zwischen Spätherbst 1989 und kalten Wintertagen 1990. Er war damals Bürgermeister der Gemeinde Maroldsweisach.
Coburgs Landrat Sebastian Straubel (CSU) erinnerte an „etliche Kooperationen“ über die Landesgrenze hinweg, so zum Beispiel an die fast 25-jährige länderübergreifende Zusammenarbeit in der Initiative Rodachtal. Ihr gehören Städte und Gemeinden aus den Landkreisen Coburg, Hildburghausen und Haßberge an.
Für Hans-Herbert Harten, ehrenamtlicher Zweiter Bürgermeister Coburgs, ist die deutsche Einheit „der glücklichste Moment in der Nachkriegsgeschichte“. Die Wiedervereinigung sei alles andere als selbstverständlich gewesen, betonte Hartan.
So war vieles gesagt. Auch, dass den Besuchern im Oktober das nahe gelegene Zweiländermuseum in Straufhain-Streufdorf ins Bewußtsein gerufen werden sollte. Unbeantwortet blieb die Frage, wie die Schülergeneration für mehr Interesse an der Gedenkfeier am 3. Oktober sensibilisiert werden könnte.
Horst Mitzel